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Führung und Selbstorganisation in IT-Projekten




 

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Darüber, dass IT-Projekte einer kompetenten Leitung bedürfen, sind sich alle einig. Menschen müssen geführt, Prozesse gesteuert werden. Doch an der Frage, wie diese Aufgabe zu bewerkstelligen ist, daran scheiden sich die Geister. Das erkennt man nicht nur an der unterschiedlichen Bewertung spezifischer Skills, die für die Besetzung von Projektleiterposten gefordert werden. Traditionell wird für einen reibungslosen Projektablauf eher auf technisches Know-how gesetzt. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass diese Wahl nur in seltenen Fällen eine glückliche ist. Mittlerweile werden daher verstärkt soziale Kompetenzen nachgefragt, die für Führungsaufgaben unerlässlich sind. Das ist gut so, doch zeigt unsere Erfahrung, dass hinter dieser Nachfrage fast immer eine Vorstellung von „Führung“ steht, die der Komplexität von IT-Projekten kaum gerecht wird.

Es besteht der Wunsch nach einer starken Führungspersönlichkeit, die alles im Griff hat und das Projekt mit sicherer Hand in den Zielhafen steuert. Diese althergebrachte Vorstellung – in der Führungsforschung als „Great Man Theory“ bezeichnet – wird durch Konzepte wie „charismatische“ oder „visionäre“ Führung stets aufs Neue belebt und ist in der Praxis (nicht zuletzt bei den Führungskräften selbst) äußerst beliebt. Neuere Forschungsansätze zeigen indes, dass komplexe Systeme wie z. B. IT-Projekte durch einen Leader nur begrenzt steuerbar sind. Systemische Ansätze gehen sogar davon aus, dass komplexe Systeme von einer Person gar nicht intentional gesteuert werden können, sondern immer nur durch Interventionen auf ein bestimmtes Ziel hin beeinflussbar sind.

Unsere Erfahrung ist, dass die Herausforderung bei der Leitung von IT-Projekten vor allem darin besteht, eine Balance zwischen Führung („Great Man“) und Selbstorganisation (Eigendynamik, Entstehung von Ordnung aus sich selbst heraus) zu finden. Es gibt Situationen und Aufgaben in Projekten, bei denen ein direktes Eingreifen und eine direkte Beeinflussung seitens der Führungsperson möglich und nötig sind. Ebenso treten Situationen auf, in denen ein „Steuern“ und „Lenken“ unmöglich, überflüssig oder sogar schädlich für den Projektverlauf ist – dann nämlich, wenn z. B. Prozesse des Lernens und der Eigeninitiative unterbunden werden. Das verlangt Projektmanagern einiges ab: Sie müssen den von der Organisation, den Stakeholdern und oft auch vom Team erwarteten „Great Man“ verkörpern und sich gleichzeitig der Unplanbarkeit stellen, die sich aus der prinzipiellen Begrenztheit ihrer eigenen Steuerungsmöglichkeiten ergibt.

 

 

 

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