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Neulich beim Friseur




 

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In richtig harten Projektzeiten freue ich mich alle vier Wochen auf den Friseurtermin am Wochenende. Bei einer Kopfmassage zu entspannen und sich für Momente keine tiefgehenden Sorgen machen zu müssen, wirkt für mich immer sehr entlastend. Ich habe in den letzten Jahren in meiner kleinen „Friseur-Auszeit“ keinen einzigen Moment an Projektmanagement gedacht.

Doch in der letzten Woche war das anders. Ich wurde von der Chefin eines der renommiertesten Friseurunternehmen in Schleswig-Holstein bedient. Das Unternehmen besitzt mehrere Filialen und beschäftigt insgesamt etwa 60 Mitarbeiter. Sie kam auf ihre Auszubildenden zu sprechen, die regelmäßig Preise gewinnen und immer zu den besten in Schleswig-Holstein und Hamburg zählen. Einer ihrer Auszubildenden, der gerade begonnen hatte, sollte ihr das Haar frisieren. Ihre Auszubilden sind dann immer sehr ängstlich und müssen erst überredet werden, der Chefin selbst womöglich Leid zuzufügen – mit unkalkulierbaren Folgen für den eigenen beruflichen Einstieg. Im folgenden Gespräch machte die Chefin drei Aussagen, die für mich auch drei zentrale Wahrheiten über die Ausbildung von Projektmanagern beinhalten.

Sie meinte:
„Die lernen ihre Arbeit doch nicht in der Schule, sondern nur, wenn sie Mut haben, auch schwierige Sachen zu machen, z.B. der Chefin die Haare schneiden.“
„Am meisten lernen sie durch ihre Fehler, Fehler gehören zum Lernen einfach dazu.“

Auf das durchaus große Risiko angesprochen, dass ein Fehlschnitt ernste Probleme auslösen könnte, meinte sie:
„Wozu haben die denn uns, die ihre Fehler wieder ausbügeln können. Das ist doch unsere Aufgabe.“

Auch ihre letzte Aussage in diesem Zusammenhang fand ich bedenkenswert:
„Nach zwei Jahren als Gesellen müssen die raus, was Neues lernen, eine andere Umgebung. Nur so werden sie noch besser.“

Was sich für mich für die Ausbildung im Projektmanagement daraus ableiten lässt, ist:

Zertifikate und theoretische Ausbildungen im Projektmanagement bieten nur die Grundlage einer Ausbildung. Die eigentliche Ausbildung besteht darin, Projektmanagement zu machen, zu leben – und das in immer schwierigeren Situationen.

Fehler gehören zum Lernen, auch bei Projektmanagern, einfach dazu. Gemessen am Schwierigkeitsgrad der Projekte (kleines Entwicklungsprojekt oder riesiges Millionenbudget) dürfen bestimmte Fehler nicht mehr auftreten. Das kann man gewährleisten, indem der Projektmanager ein ausreichendes Maß an Erfahrung in leichteren Situationen mitbringt.

Die Folgen der notwendigen anderen Fehler können in Grenzen gehalten werden, indem erfahrenere Leute Standby stehen: als Coaches, als Feedbackpartner für Projektsituationen, als Kollege im Projektoffice oder als übergeordneter Projektmanager.

Spitzenleute entwickeln sich nur, wenn sie auch Erfahrungen in unterschiedlichen Erfahrungswelten machen. Der Wechsel und damit Erfahrungen in unterschiedlichen Unternehmenskulturen, Branchen, Vorgehensmodellen usw. ist ein Muss, um zu den Top-Leuten gehören zu können.

Diese Grundwerte in der Ausbildung führen meiner Ansicht nach nicht nur im Friseurhandwerk, sondern auch im Projektmanagement zu den Top-Leuten, die wir für immer komplexere Projekte brauchen.

 

 

Quelle Foto: © WavebreakMediaMicro – Fotolia.com

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