Disruptive Technologien, Teil 2: Wie reagieren Unternehmen auf den digitalen Wandel?
2. Februar 2017
Die Stimmung in vielen Technologie-Unternehmen ist derzeit angespannt. Einerseits werden disruptive Entwicklungen wie der digitale Wandel als große Chance für Wachstum und Zukunftsfähigkeit gesehen. Andererseits bekommen immer mehr Tech-Unternehmen die Risiken zu spüren. Organisation, Struktur und Kultur der Firmen müssen sich ändern, um nicht ins Hintertreffen zu geraten und von kleinen Start-ups um Marktanteile oder gar das gesamte Geschäftsmodell gebracht zu werden. Noch ist die Stimmung überwiegend optimistisch, wie eine aktuelle Umfrage zeigt, die von KPMG international initiiert wurde (s.u.). Doch es wächst das Bewusstsein für die eigenen Schwächen, insbesondere das Fehlen eines strategischen Umgangs mit disruptiven Technologien.
Obwohl sich viele Entscheider angesichts der rasanten Umwälzungen um die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen sorgen, ist die Bereitschaft, das Thema disruptive Technologien zum Chefthema zu machen, vergleichsweise gering. Lediglich 21% der befragten ManagerInnen stimmten der Aussage zu, dass sich der C-Level ihrer Firma intensiv mit der Problematik befasst. Weniger als ein Drittel der Technologie-Unternehmen ist nach eigenen Aussagen gut auf den Wandel durch disruptive Technologien vorbereitet. Ängste und Sorgen richten sich vor allem auf den verstärkten Konkurrenzdruck. Mehr als 60% der Entscheider berichten von neuen Wettbewerbern, die aus anderen Branchen auf den Tech-Markt drängen; etwa die Hälfte konstatiert ein Erstarken von brancheninternen Wettbewerbern durch den Einsatz disruptiver Technologien. Fast 40% der Tech-Firmen sehen durch die neue Konkurrenz das eigene Geschäftsmodell bedroht. Dabei räumen ebenso viele ManagerInnen ein, den Trend zu spät erkannt zu haben.
In welche disruptiven Technologien wird investiert?
Die Geschwindigkeit der Entwicklung und die Vielzahl der sich ständig verändernden Möglichkeiten stellen die Technologie-Unternehmen weltweit vor ein Problem: Auf welche Trends sollen sie setzen? Sollen sie ihre Investitionen breit streuen und eine Zerfaserung ihrer Anstrengungen riskieren? Oder sollen sie sich auf ein, zwei Technologien konzentrieren und damit das Risiko eingehen, auf das falsche Pferd gesetzt zu haben? Die Umfrage von KPMG zeigt, dass die Investitionen der meisten Tech-Firmen derzeit in eine breite Vielfalt disruptiver Technologien fließen – ein Ausdruck allgemeiner Verunsicherung und fehlender strategischer Ausrichtung. Angeführt wird die Liste von IoT, D&A sowie Cloud-Dienste. KI befindet sich im Mittelfeld, was erstaunt, da in der Befragung viele Entscheider mutmaßten, dass andere Unternehmen in diesem Feld stark investierten. Schlusslicht sind Robotik und 3D Druck.
Quelle: KPMG international (2016): The disrupers are the disrupted. Disruptive technologies barometer: Technology sector, p.17
Was versprechen sich Unternehmen von der Entwicklung disruptiver Technolgien?
Nur 35% der befragten ManagerInnen gaben an, mit ihren Investitionen in disrupive Technologien selbst neue Märkte erobern zu wollen. Noch weniger, nämlich ein Drittel, verfolgt das Ziel, den eigenen Marktanteil zu erhöhen. Auch eine verstärkte Akquisition neuer Kunden steht mit 30% nicht so sehr im Fokus der Unternehmen. Im Vordergrund stehen vielmehr (1) die Verbesserung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen sowie (2) die Reduzierung der Gesamtkosten. Wichtig ist den Unternehmen eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit. Hier sehen sie IoT, D&A und Cloud-Dienste als zentrale Bausteine an.
Inwieweit sich die Investitionen auszahlen, ist im Einzelfall natürlich schwer zu beurteilen. Allgemein lässt sich aber festhalten, dass die disruptiven Technologien bzgl. ihres Wirkungsgrades einen unterschiedlichen Stand haben. Einige Technologien wie z.B. Social Media erfordern gegenwärtig keine hohen Investitionen mehr, haben jedoch weiterhin einen hohen Wirkungsgrad. Andere Technologien wie z.B. IoT können als strategische Investitionen begriffen werden. In sie wird derzeit stark investiert, ihr Wirkungsgrad ist aktuell aber eher gering. Auf einem mittleren Level sowohl der Investitionen wie auch des Wirkungsgrades liegen Technologien wie KI oder Digital Payments. Sie scheinen ihren Horizont erreicht zu haben. Wearable Devices, 3D Druck und Augmented Reality hingegen gelten als zukunftsweisende Technologien. Hier fangen die Investitionen an, Früchte zu tragen. Technologien, in die derzeit hohe Investitionen fließen und die zugleich aktuell eine hohe Wirksamkeit haben, sind D&A, Cloud-Dienste und Mobile.
Grundlage der o.g. Befunde ist eine globale Studie von KPMG international und Forrester Consulting, die im Januar 2016 in 16 Ländern durchgeführt wurde. Insgesamt wurden dafür 1.740 ManagerInnen aus den Branchen Technologie, Medien und Telekommunikation befragt (580 Personen je Branche). Die in diesem Artikel wiedergegebenen Daten beziehen sich ausschließlich auf Technologie-Unternehmen. Für die Bereiche Medien und Telekommunikation sind separate Berichte erschienen.
Wer mehr wissen möchte, wird hier fündig. Die Ergebnisse der Befragung sind sehr aufschlussreich. Allerdings sollte man beim Lesen nicht vergessen, dass KPMG als Beratungsunternehmen mit der Veröffentlichung von Daten, Thesen und Lösungsvorschlägen natürlich immer auch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt.
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Quelle Foto: @ julien trompeur – Fotolia.com
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