Artikel versenden

Das Dreieck der Zusammenarbeit




 

// / / / /

Magische Dreiecke sind beliebt. Es gibt sie im Projektmanagement (Qualität, Zeit, Kosten), in der Vermögensanlage (Rendite, Sicherheit, Verfügbarkeit) und im Bereich Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie, Soziales). In allen Fällen bilden die drei Eckpunkte die zentralen Dimensionen des jeweiligen Feldes ab. Zugleich beschreiben sie konkurrierende Ziele, die miteinander in einer Wechselbeziehung stehen. Will ich z.B. für meine Geldanlage eine hohe Rendite, geht dies zu Lasten von Sicherheit und Verfügbarkeit. Will ich die natürlichen Ökosysteme schützen, gibt es Konfliktlinien mit der Wirtschaft und Auswirkungen auf soziale Belange. Wann immer an einem Eckpunkt „gedreht“ wird, verändern sich auch die anderen beiden.

Vor Kurzem fand ich nun ein magisches Dreieck zum Thema Zusammenarbeit und stieß dabei auf einen „alten Bekannten“: Coach und Coach-Ausbilder Axel Janßen, den ich vor einigen Jahren für 5 pm Radio zum Thema Coaching in Projekten interviewt hatte (s.u.).  Janßen entwickelte sein Dreieck als Coaching-Tool, das überall dort zum Einsatz kommen kann, wo Menschen zusammenarbeiten und Konflikte entstehen, weil es in der Kollaboration knirscht und hakt. Solche Situationen kennt wohl jeder, denn in den meisten Unternehmen gehören Kommunikation und Kollaboration zu den Dauerbrennern und nicht selten zu den neuralgischsten Punkten überhaupt.

Die Intensität, Qualität und Geschwindigkeit der internen Kommunikation und Zusammenarbeit ist für Unternehmen ein erfolgskritischer Faktor. Das ist nicht neu, doch mit dem digitalen Wandel verschärft sich der Druck. Unternehmen werden zu einschneidenden Veränderungen gezwungen, die keinen Bereich der Aufbau- und Ablauforganisation aussparen. Es müssen schnellere, direktere Wege der Verständigung und der Abstimmung zwischen verschiedenen Standorten, Abteilungen, Führungsebenen und einzelnen MitarbeiterInnen gefunden werden. Für international verteilte und virtuelle Teams gibt es daher auch immer wieder neue Tools für die interne Kollaboration, die den Datenaustausch, die Koordination, die Kommunikation und die gemeinsame Bearbeitung einzelner Themen unterstützen. Dazu gehören z.B. Cloud-Lösungen wie Teamdrive, Instant Messenger wie Slack oder Webanwendungen für Online-Meetings.

Zusammenarbeit ist im Idealfall (!) gekennzeichnet durch:

  • eine gemeinsame Ergebniserwartung
  • einen vereinbarten klaren Ablauf
  • einen Satz von Spielregeln, der von allen Beteiligten anerkannt wird

Wann immer die Zusammenarbeit in Organisationen nicht funktioniert, hapert es sichtbar an mindestens einer dieser Komponenten – und dies ist eher die Regel als die Ausnahme. Idealerweise entsteht jedoch aus der Vereinbarung gemeinsamer Ziele und Vorgehensweisen die Basis für eine Identifikation des Einzelnen mit der „Sache“ und dem Team, gestützt durch den alltäglichen menschlichen Umgang mit einander und auch in fachlicher Hinsicht. Die gemeinsamen Vereinbarungen, die häufig implizit getroffen und nicht immer schriftlich festgehalten werden (können), sind wiederum die Basis für die Strukturen und Prozesse der Zusammenarbeit im Team. Und wenn jedes einzelne Teammitglied sich in den Strukturen und Spielregeln wiederfindet und diese verinnerlicht und sich zugleich darauf verlassen kann, dass alle anderen sich ebenso verhalten, dann entsteht das, was bei jeder Debatte über Zusammenarbeit ganz oben auf der Agenda steht: Vertrauen.

Die drei Ecken, zwischen denen sich das Thema Zusammenarbeit im Modell aufspannt, sind daher entsprechend „Vertrauen“, „Identifikation“ und „Strukturen“.

Quelle Grafik: Das Dreieck der Zusammenarbeit. Ein Coaching-Tool von Axel Janßen, in: Coaching-Magazin 04/2017, 22.11.2017 (coaching-magazin.de)

Ein häufiges Problem ist z.B. der Verlust von Vertrauen in der Zusammenarbeit. Ausgelöst werden kann dies durch ganz verschiedene Ereignisse. Halten sich etwa einzelne Teammitglieder nicht an vereinbarte Vorgehensweisen, indem sie Informationen nicht weitergeben oder Entscheidungen intransparent halten, erschüttern sie das Vertrauen innerhalb des Teams. Die Identifikation anderer Teammitglieder wird dadurch in Mitleidenschaft gezogen, so dass die gemeinsamen Regeln ihren Stellenwert verlieren. MitarbeiterInnen ziehen sich zurück, sind nicht mehr „comitted“. In der Folge werden in Unternehmen dann oftmals die Kontrollmechanismen auf der Strukturebene verstärkt – was wiederum einen negativen Effekt auf das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen hat. Auf diese Weise entstehen unheilvolle Spiralen.

Das von Janßen entwickelte Modell ist als Reflexionsstruktur zu verstehen. Es zeigt das Wechselwirkungsverhältnis seiner drei Eckpunkte „Vertrauen“, „Identifikation“ und „Strukturen“ auf – es gibt aber keine kausalen Zusammenhänge vor. Klar ist nur: wenn einer der Eckpunkte sich ändert, ändern sich auch die anderen beiden – wie und inwiefern, das ist im konkreten Kontext zu ermitteln. Ziel ist es, Optionen für eine Verbesserung der Zusammenarbeit zu erkennen und diese in Handlungen umzusetzen.

Für den Einsatz des Modells bei der Arbeit mit Teams, z.B. Projektteams, empfiehlt es sich, zunächst ein gemeinsames Verständnis von „Zusammenarbeit“ zu erarbeiten und ebenfalls das Verständnis der drei Eckpunkte Vertrauen, Strukturen und Identifikation abzuklären. Schon hier können Einsichten entstehen, wenn gefragt wird, welchen Einfluss die verschiedenen Auffassungen der Einzelnen auf die Zusammenarbeit im Team haben. Weiterführende Fragen können sein:

  • Wie bewerten Sie, auf einer Skala von eins bis zehn, die Qualität der Zusammenarbeit in Ihrem Team? (Stimmungsabfrage)
  • Wie hängen in Ihrer aktuellen Zusammenarbeit Vertrauen, Strukturen und Identifikation zusammen?
  • Was bedeutet dies für mögliche Lösungsansätze?
  • Was möchten Sie ändern, und was möchten Sie beibehalten?
  • Was konkret können Sie wie ändern?
  • Was brauchen Sie dafür?
  • Auf welche Ressourcen können Sie zurückgreifen?

Das Dreieck der Zusammenarbeit kann in Workshops gut mit anderen Modellen kombiniert werden, z.B. mit dem gruppendynamischen Ablauf der Teamphasen (Tuckman), den Teamrollen (Belbin), den vier Seiten einer Botschaft (Thun von Schulz) oder dem Johari-Fenster (Luft/Ingham). Professionelle Unterstützung kann dabei sehr hilfreich sein, ist aber nicht immer unbedingt nötig. Wenn Sie als Profi-Projektmanager/in oder erfahrene Linien-Führungskraft die Reflexion und den Austausch über interne Kollaboration in Ihrem Team anregen wollen, trauen Sie sich! Gerade in IT-Projekten, in denen das magische Dreieck aus Time, Budget und Scope allen geläufig ist, fällt ein Anknüpfen an das Dreieck der Zusammenarbeit gar nicht so schwer.

Auch interessant:

Copyright Foto: Setzwein IT-Management GmbH

| Keine Kommentare

 
Top | Impressum | Datenschutz