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Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung




 

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In meinen letzten Projekten habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass ungern Entscheidungen getroffen werden.
 
Das Problem ist, dass wenn keine Entscheidungen getroffen werden, die Stimmung im Projekt auf allen Seiten in Frustration umschlägt. Die Motivation der Entwickler das Projekt erfolgreich abzuschließen und die Bereitschaft des Kunden sich aktive und konstruktiv am Projekterfolg zu beteiligen schwindet exponentiell. Meist wird diese Entwicklung noch durch ein schwindendes gegenseitiges Vertrauen verstärkt. Dies führ dann dazu, dass man den anderen nicht mehr verstehen will oder absichtlich falsch versteht. Geht dann etwas schief, kann man immer sagen: „Aber das haben wir doch so besprochen.“ Wobei nichts besprochen wurde, sondern jeder seine Vorstellungen im Kopf hat und diese als Beschluss sieht. Keine Entscheidungen zu treffen bedeutet meist eigene/bequeme Vorstellungen als beschlossen anzusehen.

Ist die Projekt Situation z.B. ohnehin schon angespannt, weil die Deadlines nicht erreicht werden können oder weil der Kunde jetzt schon nicht zufrieden ist, fallen sinnvolle und wichtige Entscheidungen meist unter den Tisch. Konzeptionelle Fehler werden nicht mehr hinterfragt und aufgeklärt stattdessen wird nur noch stumpf entwickelt. Man kann ja am Ende sagen: „So stand es aber im Konzept“. Problematisch ist hier nur, dass Entwickeln so keinen Spaß macht, man im Vorfeld bereits fest damit rechnet, dass es auf jeden Fall im Nachhinein Change Requests geben wird und sich das Projekt Klima bis zu diesen Change Requests wohl nicht groß ändern wird. Somit wird es auch wenig Spaß machen, die Change Request abzuarbeiten. Meist möchte man nach solch einem Projekt nur noch eines: Nichts mehr mit dem Projekt zu tun haben. Eigene Ansprüche sind schon längst über Bord gegangen und man ist gewillt das Ergebniss als „gut“ zu qualifizieren oder was noch viel schlimmer ist: „Naja, läuft doch!“

Gründe für fehlende Entscheidungen gibt es viele und sie sind wohl von Projekt zu Projekt individuell unterschiedlich. Entscheidend ist immer die Unternehmenskultur. Wird z.B. nach einem fehlgeschlagenen Projekt nicht gefragt: „Was können wir besser machen?“ sondern „Wer ist schuld?“ führt es über kurz oder lang dazu, dass niemand mehr Entscheidungen fassen und die Konsequenzen übernehmen möchte. In solchen Unternehmen kann man von einer Unternehmenskultur der Schuld reden.
 
In anderen Fällen, könnten Entscheidungen aber auch dazu führen, dass die eigene Position gefährdet wird. Wenn zu viel passiert, wenn die Dinge richtig laufen, ist man vielleicht überflüssig. Ich bin fest davon überzeugt, dass wenn in großen Unternehmen effektiv gearbeitet würde, einige Stellen gestrichen oder zumindest umstrukturiert werden müssten.
 
Ein weiterer Grund ist, dass manche Menschen einfach nicht so viel arbeiten wollen und deshalb keine Entscheidungen getroffen werden. Der initiale Aufwand für Neuerungen (z.B. Entwicklungsumgebung, Update auf PHP5/Ruby on Rails 2.1.1) hält in diesem Fall davon ab die Vorteile der neuen Versionen zu nutzen und viele Probleme aus der Welt zu schaffen. Meist wird dann lieber mit bösen Hacks gearbeitet. Dies führt aber zu viel mehr Arbeit und frustriert alle, die am Projekt beteiligt sind. Das Paradoxe an solch einer Situation ist, dass durch fehlende Entscheidungen, ganz viele kleine Entscheidungen entstehen, die dann auch niemand verantworten möchte.
Dann gibt es noch die Situationen, in denen Entscheidungen dazu führen, dass es keinen Spielraum mehr für Beschwerden gibt. Werden Entscheidungen transparent kommuniziert, wird den meisten Beschwerden/Nörgeln der Wind aus den Segeln genommen. Auch wenn der menschliche Verstand das Gegenteil sagt, gehört für viele das chronische Nörgeln über die Arbeitssituation doch zum Alltag. Arbeit wird eben doch noch als eine Pflicht angesehen und weniger als ein (bereichernder) Teil des Lebens.
 
Das sind nur ein paar der Gründe. Oft fehlt einfach auch das Wissen oder die Kompetenz der Entscheider zu dem speziellen Thema, so dass schnell falsche oder eben gar keine Entscheidungen getroffen werden. In diesen Fällen handelt es sich um einen Macht-Wissen-Komplex. Die Entscheider fürchten einen potentiellen Machtverlust, wenn die Entscheidungen von denjenigen getroffen werden, die über das dafür notwendige Wissen verfügen.

Mögliche Lösungsansätzen werde ich in einem späteren Post aufzeigen.

 

Quelle Foto: © Do Ra – Fotolia.com

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