Reframing im Führungsalltag
19. November 2012
Stellen Sie sich vor: Einer Ihrer Kollegen kommt aus der Mittagspause rein und bemerkt: „Draußen sind 16 Grad“.
Nehmen wir an, es ist Sommer. Dann löst diese Nachricht Panik bei Ihnen aus, denn Sie haben doch für abends Freunde zum Grillen eingeladen und jetzt scheint das Wetter noch schlechter geworden zu sein als die Tage vorher schon.
Nehmen wir an, es ist Ende Januar. Vielleicht wohnen Sie ja sogar in der Nähe eines Biergartens. Dann können Sie sich den tollen Abend schon lebhaft vorstellen. Es gibt doch nichts Schöneres als mit Freunden die ersten Vorboten des Frühlings bei einem Bierchen zu begrüßen.
Die Bedeutung einer Information und einer Handlung hängt also vom Rahmen, dem Kontext, ab, in dem man sie betrachtet. Wie ein Bild in einem anderen Rahmen völlig anders wirken kann, kann man für bestimmte Situationen auch einen anderen Rahmen vorgeben. Diese Tatsache machen sich Psychologen und neuerdings wohl auch Fußball-Bundesligatrainer zu nutze: Jürgen Klopp, der Motivator schlechthin, schafft es immer wieder, seine Mannschaft perfekt auf die unterschiedlichsten Gegner einzustellen. Indem er einen anderen Rahmen vorgibt, löst er andere Verhaltensweisen aus. Mit diesem Reframing werden kleine Gegner, zum Beispiel im DFB-Pokal, fast übermächtig dargestellt. Die Mannschaft agiert daraufhin hochkonzentriert und mit Volldampf. Bekannt wurde die Technik des Reframing als Methode des NLP (Neurolinguistisches Programmieren), der genaue Ursprung scheint mir aber nicht geklärt. Eine schöne Kurzeinführung zum Reframing findet sich hier:
http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/refraiming/frameset_refraiming.html
Ähnlich wie ein Fußballtrainer hat man es als Manager mit (vielen) Menschen zu tun. Je nachdem, welchen Rahmen man vorgibt, ergeben sich andere Bedeutungen und die Menschen handeln und organisieren sich anders. Meiner Erfahrung, insbesondere aus Krisenprojekten, nach ist das Reframing einer der wirkungsvollsten Hebel, die man als Manager hat, um erfolgreich zu agieren.
Dazu drei Beispiele des Reframing aus meinem Managementalltag:
- Beim Start in ein Krisenprojekt bemerke ich, dass die vorherrschende Stimmung des 150-köpfigen Projektteams Angst vor dem Versagen ist. Man hat schon trotz Wochenendarbeiten zentrale Termine des Gesamtprojektplans gerissen. Ich könnte nun als neuer Gesamtprojektleiter im Rahmen bleiben und das Projektteam veranlassen, noch genauer zu planen. Oder mit Reframing: Dem jetzigen Projektplan (nur für das Team!) keine Aufmerksamkeit mehr schenken und stattdessen fragen: „Was schaffen wir in den nächsten 3 Monaten? Dafür machen wir jetzt eine Liste. Und wir markieren die unwichtigeren Sachen, die wir am Ende notfalls nicht machen müssen. Hier geschieht das Reframing durch die Konzentration auf ein kurzfristiges, erreichbares Ziel und die Lösung vom emotional mit Scheitern verbundenen Gesamtplan. Die Last eines möglichen Scheiterns wird der Projektorganisation genommen und es werden statt verstärkten Ängsten neue Kräfte freigesetzt.
- Die Stimmung in einem Unternehmen ist von Angst vor der scheinbar übermächtigen Konkurrenz geprägt, das ganze Unternehmen ist im Abwehrmodus. Man könnte jetzt als Manager eine Strategie zur Abwehr der Konkurrenz auf Basis einer ausführlichen Analyse starten. Oder mit Reframing: Einen internen Ideenmarkt veranstalten, der konkrete Ausarbeitungen von neuen Produkten zum Ziel hat, die prototypisch dem ganzen Unternehmen auf dem Marktplatz vorgestellt werden. In der Folge werden dann die neuen Ideen umgesetzt.
- In einem Großprojekt kann ich als Projektleiter die Menge an Meetings und Emails als Störung meiner eigentlichen Arbeit, dem Erstellen eines Projektplans, auffassen. Ich fühle mich dann innerlich überfordert und bin nach kurzer Zeit ermüdet. Oder ich werte jede Information als neue Chance, das Projekt immer wieder an sich verändernde Bedingungen anzupassen. Ich freue mich bei dem Eintreffen jeder einzelnen Botschaft, klatsche innerlich förmlich in die Hände und bin neugierig auf die eintreffenden Killerideen. Jede Information hilft dann mir und dem Team, „richtiger“ zu handeln (wenn ich das Ganze auch noch gut organisiere und z.B. Unwichtiges vom Wichtigen trenne, gelingt das noch besser).
Vielleicht mögen auch Sie sich fragen, wie Sie für sich, Ihr Team oder Ihre Organisation belastende Situationen mit einem anderen Rahmen versehen können. Wann stellen Sie sich und Ihre Mannschaft in einen anderen Kontext durch ein Reframing? Machen Sie das Glas doch schon heute schon halbvoll statt halbleer!
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Quelle Foto: © mirpic – Fotolia.com
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