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Sicher, unsicher, ungewiss – eine kurze Klassifikation von Entscheidungssituationen




 

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Täglich treffen wir unzählige Entscheidungen, kleine, die wir kaum als solche wahrnehmen, ebenso wie größere, die vielleicht Mut erfordern oder uns Kopfzerbrechen bereiten. Einen beachtlichen Teil der täglichen Entscheidungsarbeit erleichtern wir uns durch eingeschliffene Vorlieben und Routinen sowie durch Standards, an denen wir uns orientieren können. Da braucht es kein langes Überlegen und unsere Aktivitäten bleiben im Fluss.

Entscheidungen unter Sicherheit

Auch Entscheidungen, bei denen uns die eintretenden Konsequenzen unseres Handelns bekannt sind, stellen meist keine allzu großen Herausforderungen dar. Es sind, entscheidungstheoretisch gesprochen, „Entscheidungen unter Sicherheit“. Wenn ich weiß, dass im Zuge meiner Entscheidung (z.B. Rückschnitt der Hecke im Garten) in der Zukunft von den möglichen Umweltsituationen eine sicher eintritt (z.B. mehr Sonne auf der Terrasse), ist der Akt des Entscheidens keine große Sache. Im Alltag sind solche Konstellationen aber selten, da bei komplexen Umweltsituationen immer nur höchstens einzelne Komponenten als „sicher“ betrachtet werden können. Außerdem kann ich mir mit meiner Entscheidung zwar ein bestimmtes Ziel setzen und dieses auch erreichen, zugleich kann diese Entscheidung aber auch Konsequenzen haben, an die ich gar nicht gedacht habe (z.B. mehr neugierige Blicke der Nachbarn).

Entscheidungen unter Unsicherheit

Stärker gefordert sind wir also, wenn wir eine „Entscheidung unter Unsicherheit“ treffen müssen – und in Managementpositionen, egal ob im Projekt oder in der Linie, ist das unser „täglich Brot“. Typische Merkmale einer solchen Situation sind:

  • Komplexität: Viele vernetzte Elemente stehen mit einander in Wechselbeziehungen.
  • Intransparenz: Man weiß nicht einmal, was man nicht weiß.
  • Dynamik: Dinge/Situationen ändern sich ständig.
  • Zeitdruck: Objektiv oder subjektiv besteht die Notwendigkeit zu entscheiden.

Entscheidungen unter Risiko

In der Regel behilft man sich in solchen Fällen mit Wahrscheinlichkeiten und Schätzungen. Die Entscheidungstheorie spricht dann von „Entscheidungen unter Risiko“. In diesem Fall gibt es zumindest unvollständige Informationen über die als Folge unserer Entscheidung möglichen zukünftigen Umweltzustände. Mit Hilfe von mathematischen Modellen wird versucht, die Ungewissheit „messbar“ zu machen. Falsche Schätzungen und Annahmen und oft auch falsche Hypothesen über die Wirkungszusammenhänge in komplexen Situationen verschärfen die Lage jedoch häufig noch. Werden mit einzelnen Aktionen nicht beabsichtigte Ergebnisse erzielt, neigen viele Manager:innen dazu, das System zu „übersteuern“, d.h. die eingeleiteten Gegenmaßnahmen erweisen sich als zu heftig und entfalten ihrerseits nicht-intendierte Wechselwirkungen. Eine unterschätzte Ressource ist in solchen Situationen m.E. der „gesunde Menschenverstand“, der im Business viel zu selten als Navigationshilfe in Erscheinung tritt.

Entscheidungen unter Ungewissheit

Die zweite entscheidungstheoretische Variante unsicherer Entscheidungen ist die „Entscheidung unter Ungewissheit“. Hier können keine Eintrittswahrscheinlichkeiten von Umweltsituationen bestimmt werden, die durch die Entscheidung möglicherweise herbeigeführt werden; die Zukunft ist völlig ungewiss.

Sie ahnen es vermutlich schon: Entscheidungssituationen „unter Ungewissheit“ sind diejenigen, die (nicht nur theoretisch) am spannendsten sind. Sie sind am wenigsten greifbar, man kann sich nicht hinter Modellen und Risikoplänen verstecken – statt dessen zwingen sie zur Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und Haltungen. Um eine solche Auseinandersetzung in Gang zu bringen und vor allem, um die gruppendynamischen Prozesse in einer von Ungewissheit geprägten Entscheidungssituation erfahrbar zu machen, gibt es eine tolle Workshopmethode. Diese spielerische und mit wenig Aufwand durchführbare Methode werde ich Ihnen in meinem nächsten Blogbeitrag  vorstellen. Nur so viel sei schon verraten: Eine Kuh, ein Rasierspiegel und viel, viel Wasser spielen dort eine wichtige Rolle.

Copyright Foto: Setzwein IT-Management GmbH

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