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Insel ohne Wiederkehr – Entscheiden in unsicheren Situationen




 

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Denken Sie sich eine Insel: schön und wild – und mitten im blanken Ozean, 1.000 Seemeilen von zu Haus oder zumindest von der nächsten bewohnten Küste entfernt. Herrlich, oder? Aber Stopp! Sie sind keineswegs freiwillig dort. Und allein sind Sie auch nicht. Mit Ihnen teilen sieben Kolleg:innen das Schicksal, an den Ufern des exotischen Eilands gestrandet zu sein – ohne Wiederkehr. Idylle geht anders, ich weiß, aber wir sind ja hier auch nicht im Urlaub, sondern gestalten einen Workshop zum Thema „Entscheiden in unsicheren Situationen.“

Das „Inselspiel“, das ich einst in einer Sammlung von Oliver Klee fand, ist nicht nur eine tolle Methode, um Gruppendynamiken in Entscheidungsprozessen sichtbar zu machen. Aufgrund der simulierten Extremsituation sind die Teilnehmer:innen zudem gezwungen, sich mit Werten auseinanderzusetzen und Strategien zur Entscheidungsfindung unter den Bedingungen von Unsicherheit zu entwickeln (siehe dazu meinen Blogbeitrag „Sicher, unsicher, ungewiss – eine kleine Klassifikation von Entscheidungssituationen„).

Das Setting ist denkbar einfach. Zur Vorbereitung benötigen Sie:

  • 1 Spielanleitung
  • 1 Liste mit Gegenständen, die sich im Rettungsboot befinden
  • 1 Karte, auf der die Position der Schiffbrüchigen, die nächstgelegene Küste, Strömungen, Flug- und Schifffahrtslinien sowie fernab von allem die Insel ohne Wiederkehr verzeichnet ist.
  • Schreib- und Moderationsmittel für alle TeilnehmerInnen

Sie können die Materialien entweder als Hand-out verteilen oder vorbereitete Flipcharts nutzen. Ich präferiere die vorbereiteten Flipcharts, da sich mit entsprechender visueller Gestaltung und ein bisschen „Geschichten erzählen“ leichter eine passende Atmosphäre erzeugen lässt. Lässt man mehrere Gruppen (Gruppenstärke ca. 8 Personen) parallel arbeiten, sind Hand-outs zu empfehlen. Und nun geht’s los!

Die Ausgangssituation:

Sie waren mit Ihren Kolleg:innen auf einer Luxusyacht südöstlich von Südafrika unterwegs. Während Sie Cocktails schlürften und gerade eine weitere Schicht Sonnenschutz nachcremten, schlugen Flammen aus der Kombüse. Der Brand breitete sich rasend schnell aus, aber alle Personen konnten sich und ein paar Gegenstände in einem Rettungsboot in Sicherheit bringen. Nun treiben Sie auf dem offenen Ozean. Unter den Dingen, die Sie retten konnten, befindet sich eine Karte. Schnell konnten Sie noch Ihre aktuelle Position verzeichnen.

Die Karte:

Inselspiel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Lage:

  • Sie haben so viel Treibstoff, dass Sie knapp die Flug- und Schifffahrtslinie erreichen können.
  • Sie wissen nicht, in welchen zeitlichen Abständen (Stunden, Tage, Wochen?) dort Flugzeuge und Schiffe verkehren.
  • Der verbleibende Treibstoff würde ebenfalls gerade so reichen, um die Insel ohne Wiederkehr zu erreichen.
  • Wenn Sie auf der Insel gestrandet sind, können Sie jedoch ohne Rettung von außen von dort nicht mehr entkommen.
  • Die Überlebenschancen auf der Insel sind gut: angenehmes Klima, Wasser, essbare Pflanzen, wenig gefährliche Tiere.
  • Geht Ihnen der Treibstoff aus, wird die Strömung Ihr Boot Richtung Antarktis treiben.

Die Liste:

An Bord Ihres Rettungsbootes befinden sich:

  • 1 Hammer
  • 1 Rasierspiegel
  • 5 m Nylonschnur
  • 1 Säge
  • 25 l Trinkwasser
  • 20 l Dieselöl (kein Treibstoff)
  • 10 qm Plastikfolie
  • 1 Packung Nägel
  • 1 großes Moskitonetz
  • 1 Gewehr mit 500 Schuss Munition
  • 200 Euro (Scheine und Münzen)
  • 1 FM Transistorradio
  • 1 Kuh
  • 2 l Cognac
  • 1 aufblasbares Kopfkissen
  • 400 g Schokolade/Person
  • 1 Stier
  • 1 Angel mit Zubehör
  • 1 Sextant (ohne weitere Dokumente)
  • 1 Schachtel Streichhölzer
  • 1 Tagesration Nahrung/Person

Die Aufgabe:

Was tun Sie? Die Gruppen sollen innerhalb von 30 Minuten eine Entscheidung fällen. Anschließend stellt jede Gruppe im Plenum ihre Entscheidung vor und begründet diese. Gut ist es, dafür möglichst vielfältige Präsentationsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Die Auswertung:

Werten Sie aus, auf welchem Weg die Entscheidungen in den Gruppen zustande gekommen sind. Haben sich Abspaltungsprozesse in der Gruppe gezeigt? Wurden unfaire Diskussionsmittel eingesetzt? Wurde abgestimmt? Wie wurde mit der Ungewissheit (wird das Boot auf der Schiffahrts- und Fluglinie überhaupt gesehen?) umgegangen? Was wurde als Chance, was als Risiko bewertet?

Der Zeitaufwand liegt bei ca. 60-90 Minuten, je nach Gruppengröße und Intensität der Diskussion.

Wenn Sie das Thema „Entscheidung“ ausführlicher bearbeiten möchten, können Sie der Methode „Insel ohne Wiederkehr“ das Spiel „Schiffbruch“ voranstellen. Hier geht es darum, Unterschiede in den Entscheidungsfindungsprozessen bei Einzel-, Gruppen- und Delegationsentscheidungen herauszuarbeiten. 

Viel Spaß und gute Ergebnisse!

Copyright Foto: Setzwein IT-Management GmbH

Quelle Chart: Setzwein IT-Management GmbH

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