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Besser Delegieren mit „Delegation Poker“




 

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Delegation ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben, und eine kluge Delegation ist ein sehr wirkungsvolles Führungsinstrument. Leider ist die Verteilung von Aufgaben und die Übertragung von Verantwortung häufig begleitet von Missverständnissen, Unzufriedenheit und Konflikten. Typische Probleme sind zum Beispiel:

Delegation ohne Entscheidungsfreiräume: Wer als Führungskraft nur Aufgaben loswerden möchte und die MitarbeiterInnen zu bloßen Erfüllungsgehilfen degradiert, braucht sich über Unmut und fehlende Motivation nicht zu wundern. Eine Aufgabe zu übertragen bedeutet immer auch, die dazu nötigen Entscheidungsfreiräume, Kompetenzen und Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Und sich dann zurück zu halten.

Unklarheiten bei der Aufgabenstellung: Sehr häufigsind unklare Erwartungen und Anforderungen der Grund dafür, dass Delegation nicht funktioniert. Enttäuschung, Frustration und gegenseitige Schuldzuweisungen sind so geradezu vorprogrammiert. Ein vages „Ihr macht das schon“ reicht eben nicht.

Delegation von langweiligen Aufgaben: Auch langweilige oder unangenehme Arbeiten müssen erledigt werden, gar keine Frage. Ein großer Fehler ist es jedoch, nur diese Aufgaben an die Teammitglieder abzugeben und alles Interessante auf dem eigenen Schreibtisch zu behalten. Kommt immer wieder vor.

Durchreichen von Delegationen: Aufgaben, die von einem zum anderen wandern, bleiben meistens unerledigt. Wenn eine Aufgabe an eine bestimmte Person abgegeben wird, dann muss diese Person auch in die Pflicht genommen werden. Das gilt auch für Aufgaben, die im Team verteilt werden.

Rückdelegationen: Nicht selten landen Aufgaben, die von MitarbeiterInnen bearbeitet werden sollten, wieder auf dem Tisch der Vorgesetzten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Oft war dann die Aufgabenstellung zu komplex oder die Erwartungen nicht ausreichend klar formuliert, oder es wurde eine unpassende Person für die Bearbeitung ausgewählt.

Delegieren muss geübt werden – von den „Leadern“ genauso wie von den „Followern“. Es geht dabei um Kontrolle (und ihren Verlust), um Entscheidungsfreiräume, um Sicherheit, Mitwirkung, Effizienz, Motivation. Jede Führungskraft steht täglich vor der Frage, wie stark sie sich bei einzelnen Themen selbst reinhängen und wie viel Freiheiten und damit Verantwortung sie an ihr Team abgeben soll. Oft gibt es dann nur ein „Entweder-oder“. Obwohl sich doch zwischen Ansagen von „oben“ und totaler Selbstorganisation (in vielen Fällen müsste man besser von „Selbstüberlassung“ sprechen) jede Menge sinnvoller Abstufungen ausmachen lassen. Genau sieben „Level of Authority“ identifiziert Jurgen Appelo (bekannt als Autor von „Management 3.0“) in dem von ihm entwickelten Spiel Delegation Poker.

Dieses Spiel ist sehr hilfreich dabei, das Thema Delegation im Team konstruktiv zu bearbeiten. Es macht die Vor- und Nachteile der verschiedenen Delegationsebenen erlebbar und bringt Transparenz in die Entscheidungsprozesse. Deshalb möchte ich es hier kurz vorstellen. Beim Delegation Poker stehen drei Lernziele im Vordergrund:

  • Delegation ist keine Entweder-oder-Entscheidung. Es gibt verschiedene Ebenen der Delegation.
  • Delegation ist ein schrittweiser Prozess. Jeder Kollegin und jedem Kollegen kann schrittweise ein höheres Maß an Selbstorganisation ermöglicht werden.
  • Delegation ist situationsabhängig. Das Ziel ist nicht die „totale Delegation“.

Das Spiel ist ein gutes Werkzeug für alle Führungskräfte, die ihrem Team mehr Verantwortung geben möchten, unabhängig vom bislang vorhandenen Grad der Selbstorganisation. Es bietet einen geschützten Rahmen für das Thema und unterstützt dabei, den jeweils richtigen Grad der Delegation zu finden.

Und so geht’s: Alle MitspielerInnnen (im Idealfall das gesamte Team) erhalten einen Satz mit sieben Karten. Diese Karten repräsentieren die sieben Ebenen der Delegation, die Appelo wie folgt definiert:

  • 1. Tell (Verkünden): die Führungskraft teilt die Entscheidung mit.
  • 2. Sell (Verkaufen): die Führungskraft entscheide und versucht das Team zu überzeugen.
  • 3. Consult (Befragen): die Führungskraft holt vor der Entscheidung Rat beim Team ein.
  • 4. Agree (Einigen): Führungskraft und Team entscheiden gemeinsam.
  • 5. Advise (Beraten): das Team entscheidet und holt sich zuvor Rat bei der Führungskraft.
  • 6. Inquire (Erkundigen): das Team trifft die Entscheidung und die Führungskraft erkundigt sich nach dem Ergebnis.
  • 7. Delegate (Delegieren): das Team entscheidet autonom.

Vor Beginn des Spiels überlegt sich das Team einige Szenarien, in denen teamrelevante Entscheidungen getroffen werden müssen. Dies kann ganz unterschiedliche Aufgaben betreffen wie etwa die Einstellung neuer Team-Mitglieder, die Veränderung eines Prozesses oder technische Fragestellungen. Jedes Team-Mitglied überlegt sich nun für sich, welche Ebene der Delegation es für die jeweilige Entscheidung wählen würde und legt die entsprechende Karte verdeckt auf den Tisch. Wenn alle SpielerInnen ihre Wahl getroffen haben, werden die Karten aufgedeckt. Diejenigen, die die höchste und die niedrigste Karte gewählt haben, begründen nun ihre Entscheidung. Dies ist die Grundlage für eine Diskussion, die – innerhalb einer Timebox – dazu führen soll, dass in einer nächsten Pokerrunde ein Konsens erzielt werden kann. Auf diese Weise werden die verschiedenen Szenarien „abgearbeitet“. Es empfiehl sich, die Ergebnisse schriftlich festzuhalten, z.B. auf einem „Delegation Board“.

Das Spiel kann man auch gut variieren, z.B. durch Ignorieren der höchsten und der niedrigsten Karte, wenn diese nur von einem Teammitglied gewählt wurde. Es ist auch möglich, die Durchführung mit anderen Workshopmethoden zu kombinieren (z.B. Fisbowl), um das Spiel abzukürzen.

Die Karten für das Delegation Poker können von verschiedenen Anbietern kostengünstig bezogen werden. Auf seiner website biete Appelo sie auch zum kostenlosen Download an. Eine Video-Anleitung für die Durchführung gibt s hier. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Copyright Foto: Setzwein IT-Management GmbH

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