Sportliche Lehren: warum Projektmanager das Büro gelegentlich mit dem Spielfeld tauschen sollten
8. Mai 2008
Sport ist gesund, klar das weiß jeder, und das allein wäre schon Grund genug für die Empfehlung, öfter einmal beherzt die Sportschuhe zu schnüren. Stressabbau, Stärkung von Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, Steigerung von Optimismus und Wohlbefinden sind nur einige der positiven Auswirkungen körperlicher Aktivität, die uns auch im Business voran bringen. Doch Sport bietet noch mehr: Als Teamingmaßnahme werden sportliche Events, am liebsten mit Outdoor-Charakter, seit langem in vielen Unternehmen eingesetzt. Und in der Managementliteratur gibt es immer wieder einmal Werke, die zeigen, wie viel Führungskräfte von Torhütern, Fußballteams oder Hockeytrainern lernen können. Das ist auch für die Projektarbeit ein fruchtbares Feld.
Nicht zuletzt können sportliche Erlebnisse aber auch gezielt dazu eingesetzt werden, persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten zu trainieren, die man als Projektmanager/in braucht. Viele Dinge, die uns abstrakt bewusst sind, bekommen erst durch ein körperlich-emotionales Erleben eine tiefere Dimension. So lässt sich beispielsweise theoretisch gut begründen, dass und warum Mut eine wichtige Eigenschaft für das Management komplexer Projekte ist. Doch weder dieses Wissen noch der Appell „Courage zu zeigen“ machen einen Projektmanager mutig. Ich möchte Ihnen dazu gern eine persönliche Erfahrung schildern:
Bei unserem ersten Rugby-Training für Projektmanager im Herbst 2006 habe ich es am eigenen Leib erfahren: Wenn alle Teammitglieder auf Nummer sicher spielen, defensiv orientiert sind und den Ball schleunigst loswerden wollen, sobald es etwas brenzlig wird, kommt man nicht besonders weit. Im Rugby darf der Ball nur nach hinten oder auf gleicher Höhe abgegeben werden. Und das heißt: Wer Raumgewinn machen und das generische Tor erreichen will, kann gar nicht anders als mit dem Ball unterm Arm nach vorne zu preschen – und zwar unbeeindruckt davon, dass sich dann die gegnerischen Spieler geballt auf ihn stürzen.
Irgendwann bei diesem Training – und um ehrlich zu sein, dauerte das gar nicht einmal besonders lange – stand unser Team mit dem Rücken zum eigenen Malfeld, der Torlinie im Rugbysport. Wir konnten weder vor noch zurück, waren handlungsunfähig und gaben schließlich deprimiert und erschöpft auf. Was hatten wir falsch gemacht? Hatten wir nicht alles getan, um unser Malfeld zu schützen und Angriffe des gegnerischen Teams abzuwehren? Hatten wir als Team etwa nicht prima zusammen gehalten? In dieser Hinsicht war uns keinerlei Vorwurf zu machen. Auch sportlich war uns die gegnerische Mannschaft eigentlich nicht überlegen – es waren ja alle TeilnehmerInnen „bloody beginners“ auf diesem Terrain. Wir mussten uns allerdings eingestehen, dass auch niemand sich so recht getraut hatte, den Ball (und das Herz) in die Hand zu nehmen und nach vorn in die gegnerische Spielfeldhälfte durchzubrechen. Alle vertrauten darauf, dass es „das Team“ schon „irgendwie schaffen“ würde, aber niemand sah sich selbst in der (vermeintlich risikoreichen) Rolle des Torjägers.
Dieses Erlebnis legte bei mir einen Schalter um: Im weiteren Trainingsverlauf nahm ich die Konfrontation auch mit deutlich größeren und schwereren Gegenspielern auf mich. Ich überwand die Furcht vor der vermeintlichen „Übermacht“ und fand mehr und mehr Spaß am spielerischen Kräftemessen. Und das Gefühl, als ich schließlich meinen ersten Try schaffte und Punkte für unser Team holte, ist mir noch immer bestens präsent: stolz, jubelnd und zutiefst zufrieden warf ich mich mit dem Ball ins gegnerische Malfeld. Wow! Hatte ich mich jemals besser gefühlt?
Wenn mich heute in herausfordernden Situationen Unsicherheit oder Mutlosigkeit beschleichen, rufe ich gern dieses Gefühl in mir wach. Dann kehren Stärke und Mut rasch zurück.
Quelle Foto: © 1000words – Fotolia.com
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