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Gut gefragt ist halb gewonnen: Fragetechniken in Projekten




 

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Immer wieder schön finde ich folgende kleine Anekdote, die Rolf Porst, Sozialwissenschaftler und Befragungs-Experte bei GESIS-ZUMA, gern zum Besten gibt: Zwei Priester, ein Dominikaner und ein Jesuit, streiten darüber, ob es Sünde sei, gleichzeitig zu rauchen und zu beten. Weil sie sich nicht einigen können, beschließen sie, ihren jeweiligen Prior zu fragen. Einige Tage später treffen sie sich wieder. Der Dominikaner fragt: „Na, was hat Dein Prior gesagt?“ Der Jesuit erwidert: „Er sagt, das sei schon in Ordnung, es sei keine Sünde, beides gleichzeitig zu tun.“ „Das ist lustig“, antwortet der Dominikaner. „Mein Prior sagt, gleichzeitig rauchen und beten sei natürlich eine Sünde.“ Der Jesuit: „Was hast Du ihn denn gefragt?“ Der Dominikaner antwortet: „Ich fragte meinen Prior, ob man beim Beten rauchen darf.“ „Nun“, sagt der Jesuit, „meinen Prior habe ich gefragt, ob man beim Rauchen beten darf.“

Die Geschichte zeigt, welchen Einfluss die Formulierung einer Frage auf die Antworten hat, die wir auf sie erhalten. Jeder, der schon einmal einen Fragebogen oder Interviewleitfaden erstellt hat, weiß wie schwierig es ist, die inhaltlich richtigen Fragen methodisch richtig zu stellen. Das ist eine echte Wissenschaft für sich. Doch auch außerhalb sozialwissenschaftlicher Forschungsaktivitäten macht es Sinn, sich einmal mit unterschiedlichen Fragetypen und der Bedeutung von Fragetechniken zu beschäftigen. Als Projektmanager/in ist man in erster Linie als Kommunikationsprofi gefordert. Da gehört die Fähigkeit zum gelungenen Fragenstellen unabdingbar dazu. Denn wer Menschen führen will, muss sie verstehen: ihre Motive, Interessen, Wünsche, Bedürfnisse, Ängste usw. Das gilt insbesondere in schwierigen Lagen wie z. B. Turnaround-Situationen oder Changevorhaben.

Aber auch in der alltäglichen Projektkommunikation können Fragetechniken einem das Leben leichter machen, indem sie helfen, die Qualität des Informationsaustausches zu erhöhen, Missverständnisse zu vermeiden, Konflikte zu regulieren, Lösungen zu finden usw. Hier auszugsweise ein paar grundsätzliche Fragetypen und ihre Funktionen:

  • Offene Fragen: Sie beginnen i.d.R. mit W-Fragewörtern (Wer, Wie, Was, Wozu, Weshalb, Warum… Der Titelsong aus der Sesamstraße ist sicher vielen noch im Ohr) und erfordern vom Gefragten eine inhaltliche Antwort. Offene Fragen sind immer dann gut, wenn man an möglichst umfangreiche Informationen kommen möchte, eine Diskussion in Gang bringen oder eher wortkargen KollegInnen auf die Sprünge helfen will. Beispiele: Wie soll es weiter gehen? Was kann ich tun, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern? Welche Schritte sollten wir als Nächstes tun?
  • Geschlossene Fragen: Sie lassen nur ein „Ja“ oder ein „Nein“ als Antwort zu. Folglich eignen sie sich besonders, wenn es darum geht, eine klare Aussage einzufordern (Beispiel: Soll dieser Standort geschlossen werden?) oder etwas abschließend festzuhalten (Beispiel: Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden?). In der Gesprächsführung können geschlossene Fragen auch dabei helfen, die Ausführungen von „Schwaflern“ und „Märchenonkel“ einzudämmen.
  • Alternativfragen: Dieser Fragentyp hilft dem Ansprechpartner, eine Entscheidung zu treffen, indem die Antwortoptionen auf wenige Alternativen verengt werden. Beispiele: Wollen wir den Workshop in der KW30 oder 32 durchführen? Soll das Führungsteam auf sechs oder drei Personen reduziert werden? Welcher der drei Layout-Entwürfe für unsere Stellenanzeige gefällt Ihnen am besten?
  • Suggestivfragen: Die Funktion dieses Fragentyps besteht darin, Meinungen und Bedürfnisse des Gegenübers abzuklopfen. Dies geschieht, indem dem Ansprechpartner eine bestimmte Einstellung oder Haltung unterstellt wird. Suggestivfragen haben aufgrund ihrer Nähe zur Manipulation einen eher zweifelhaften Ruf. Ihr Einsatz sollte daher sorgfältig geprüft werden und verantwortungsbewusst erfolgen. Beispiele: Sie legen doch sicher Wert auf ein gutes Verhältnis zu Ihren Vorgesetzten, oder? Denken Sie nicht auch, dass wir die Position lieber intern besetzen sollten? Sie glauben doch wohl nicht, dass der Projektleiter dafür die alleinige Verantwortung trägt?

Wer Lust auf mehr hat, kann das Thema – allerdings recht theorielastig – vertiefen bei: Klaus Grochowiak/Stefan Heiligtag, Die Magie des Fragens, Paderborn: Junfermann 2002.

 

 

Quelle Foto: © rubysoho – Fotolia.com

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