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Emotionspolitik in Krisenprojekten




 

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Emotionale Klimata in Krisenprojekten sind in aller Regel von negativen Gefühlen beherrscht: Ängste, Sorgen, Resignation, aber auch Ärger und Wut sind bei den Beteiligten anzutreffen. Dies wirkt sich nicht nur auf den sozialen Umgang mit einander aus, sondern ebenso auf die Haltung gegenüber Arbeitsanforderungen und bestehenden Problemen: Motivation und Leistung befinden sich gleichermaßen auf Talfahrt.

Um die Stimmung wieder in die „Gewinnzone“ zu manövrieren, ist Emotionspolitik gefragt. Vielleicht mag sich der eine oder die andere jetzt fragen: „Was, bitteschön, soll das denn sein?“ Die Antwort ist einfach: „Politik“ in ihrer allgemeinsten Bedeutung ist nichts anderes als das Schnüren eines Bündels von Maßnahmen zur Erreichung eines bestimmten Ziels innerhalb einer Gemeinschaft. Und Emotionspolitik zielt entsprechend auf die Herstellung erwünschter emotionaler Klimata. Dies ist kein psychologischer Hokus Pokus, sondern alltägliche Realität – in Familien genauso wie in Staaten. (In Wohlfahrtsgesellschaften produzieren z.B. Maßnahmen der inneren Sicherheit und der sozialen Sicherung ein Klima „relativer Gemütsruhe“.)

In sanierungsbedürftigen IT-Projekten muss sich die Emotionspolitik auf folgende Anforderungen konzentrieren:

  • Stabilisierung des Projekts durch Schaffung von Vertrauen und gefühlter Sicherheit
  • Wiederherstellung der Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit durch Auflösung von Resignation, Angst- und Ohnmachtsgefühlen
  • Herstellung eines Wir-Gefühls und eines gemeinsamen Ziels, dem sich alle verbunden und verpflichtet fühlen
  • Produktion eines Projektklimas, in dem Optimismus, Selbstvertrauen, Mut und der Wille zum Wandel bestimmend sind

Emotionspolitik setzt also Arbeit an Gefühlen voraus, und zwar an den eigenen Gefühlen genauso wie an den Gefühlen der anderen. Einem Turnaround Manager wird es nur dann gelingen, die Stimmung im Projekt zu drehen, wenn er selbst die Werte, Visionen und Emotionen lebt, die er vermitteln will. Wer versucht, bei anderen Empfindungen hervor zu rufen, ohne sich selbst auf Emotionen einzulassen, wirkt leicht manipulativ. Der Versuch, auf diese Weise „gute Stimmung zu machen“ geht meistens daneben und führt bei den Beteiligten zu Misstrauen, Ablehnung und Rückzug. Für die Arbeit an den eigenen Gefühlen gibt es zahlreiche Methoden und Techniken; die wichtigste Voraussetzung für eine „emotionale Selbstführung“ ist aber die Fähigkeit, sich der eigenen Gefühle (auch unter Druck und in schwierigen Situationen) stets bewusst zu sein.

Um negative Stimmungen in gefährdeten Projekten aufzulösen, muss der Turnaround Manger einen konstruktiven Umgang mit negativen Gefühlen etablieren. Es gehört zu seinen Aufgaben, „toxische“ Emotionen im Projekt zu identifizieren, ihre Ursachen aufzuspüren und zu beheben. Damit übernimmt der Turnaround Manager ganz bewusst die Rolle des „toxin handlers“. Er hilft anderen, negative Emotionen abzubauen bzw. damit umzugehen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es zwei Strategien: die Umwandlung destruktiver Emotionen und die Behebung ihrer Ursachen. Wie genau das funktioniert, werde ich in einem meiner folgenden Blogartikel erklären und auch ein paar Beispiele dazu liefern.

Doch weder mit der emotionalen Selbstführung des Turnaround Managers, noch mit dem toxin handling ist es bereits getan. Es reicht nicht, negative Emotionen zu bearbeiten, wenn man einen Umschwung des Projektklimas erreichen will. Für den emotionalen Turnaround braucht man parallel dazu ein professionelles Stimmungsmanagement, das gezielt Impulse für die Entwicklung positiver Emotionen im Team setzt. Auch dazu werden Sie demnächst mehr auf unserem Blog lesen können.

Emotionspolitik in Krisenprojekten (aber nicht nur dort!), ist also eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass es sich lohnt – nein: dass es geradezu unverzichtbar ist, sie als integralen Bestandteil im Turnaround-Managements einzusetzen.

Wie denken Sie darüber?

 

 

Quelle Foto: © rangizzz – Fotolia.com

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