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Die Gefühlskurve in Change-Projekten




 

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Veränderungsvorhaben sind bei den Beteiligten immer mit gemischten Gefühlen verbunden. Wer einige Change-Projekte geleitet hat, weiß, dass die Emotionen in Veränderungsprozessen ein Stück weit vorhersehbar sind, da sie wiederkehrenden Mustern folgen. Die emotionalen „Hochs“ und „Tiefs“ sind nicht zufällig über den Projektverlauf verteilt, sondern treten gehäuft in ganz bestimmten Phasen auf.

Je nach den Vorerfahrungen und der Vorgeschichte im betreffenden Unternehmen können Change-Projekte mit einer positiven oder negativen Ausgangsstimmung starten. Ist der Wille zum Wandel vorhanden und sind die Ziele klar kommuniziert, überwiegen zum Projektstart meist die positiven Gefühle. Diese trüben sich allerdings schnell ein, sobald es zur „Konzept“- und im späteren Verlauf zur „Umsetzungskrise“ kommt. Im ersten Fall sorgen Konflikte – meist zwischen Projekt und Linie – über die „richtige Richtung“ für einen dramatischen Stimmungsabfall. Im zweiten Fall tragen viele kleine Probleme dazu bei, dass die Stimmung gedrückt ist und die Motivation der Beteiligten in den Keller rutscht.

Besteht bei den Beteiligten jedoch – wie es leider oft der Fall ist – Unklarheit über Art, Umfang und Zweck der Veränderungen, sind emotionale Widerstände in Form von Ängsten und Ablehnung schon in der Startphase vorprogrammiert. Ein typischer Verlauf der Gefühlskurve sieht dann so aus:

Die Abbildung zeigt eine Variante der bekannten „Veränderungskurve“, die ursprünglich auf den Ergebnissen der soziologischen Trauerforschung von Elisabeth Kübler-Ross basiert. Das Modell ist später von verschiedenen AutorInnen in den Businesskontext transformiert worden.

Auf den Schock einer Konfrontation mit Veränderungen, die als nicht steuerbar erlebt werden, folgt in der Regel eine Phase der Verneinung. Dies bedeutet, dass die Beteiligten ihre „Betroffenheit“ im Veränderungsprozess nicht wahrhaben wollen und zunächst zu einer Überschätzung der eigenen Kompetenzen neigen. Die Mitarbeiter machen einfach weiter wie bisher und denken „Erst mal abwarten“, „Das ist doch sowieso bloß heiße Luft“. Typische psychologische Reaktionen in dieser Phase sind Verdrängen, Ausblenden oder Kleinreden.

Da die Veränderungen jedoch ungeachtet der subjektiven Verleugnung voranschreiten, lässt sich diese Phase nicht unbegrenzt aufrecht erhalten. Nachdem bei den Beteiligten ins Bewusstsein gedrungen ist, dass die Veränderungen (a) tatsächlich stattfinden und (b) sie selbst darin involviert sind, setzt eine Phase oft heftiger emotionaler Reaktionen ein. Der emotionale Widerstand kann sich in Ärger, Wut, Frustration, Aggression oder auch Verzweiflung Bahn brechen, mündet jedoch schließlich in die rationale Einsicht, dass der Wandel notwendig – oder zumindest das Ertragen des Wandels für den eigenen Verbleib im Unternehmen notwendig – ist. Die Widerstandsphase ist kritisch für den gesamten Veränderungsprozess. Sie kann zu einer erheblichen Verlangsamung des Wandels oder sogar zum Stillstand führen, wenn geeignete Interventionen ausbleiben.

Die Einsicht in die Notwendigkeit des Wandels befördert den Willen, das Alte loszulassen und die eigenen Verhaltensweisen auf die Veränderungen einzustellen. Es folgt eine Phase der Anpassung, die allerdings weiterhin von Unsicherheit geprägt ist. Die eigenen Kompetenzen und die neuen Anforderungen passen (noch) nicht zusammen, es werden Fehler gemacht. Die Mitarbeiter probieren neue Lösungswege aus. In dem Maße, in dem das neue Verhalten erfolgreich ist, verfestigen sich die neuen Muster. Das kontinuierliche Ausprobieren und Einüben steigert die wahrgenommene eigene Kompetenz. Die Gefühlskurve befindet sich nun im Aufschwung. Die Erkenntnis, dass man sich in dem veränderten Umfeld gut bewegen kann, führt zu immer mehr Sicherheit. Zudem steigt das Bewusstsein für die positiven Effekte der Veränderung.

Haben sich die Mitarbeiter ein Stück weit an die neuen Verhältnisse und Verhaltensweisen gewöhnt, bilden sie Routinen aus, und der „Change“ ist bei jedem Einzelnen auch subjektiv angekommen. Die Commitment-Phase ist durch Emotionen wie Selbstvertrauen und Zufriedenheit geprägt, die positive Stimmung verstetigt sich. Dies ist meist erst nach Abschluss des eigentlichen Change-Projektes der Fall – und ist der Wandel wirklich gelungen, werden sich die Mitarbeiter fragen: „Warum haben wir das früher bloß anders gemacht?“.

Die verschiedenen emotionalen Stimmungen, die im Verlauf von Veränderungsprozessen auftreten, müssen von der Projektleitung richtig erkannt und durch geeignete Interventionen begleitet werden Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Widerstandsphase dar. In einem meiner nächsten Artikel werde ich einige Empfehlungen zum Umgang mit emotionalen Widerständen zusammenstellen. Wenn Sie ebenfalls Tipps und Hinweise zur emotionalen Dimension von Change-Projekten haben, freue ich mich über Ihren Kommentar.

 

 

Quelle Grafik: Eike Wagner et al. (2010): Wie erfolgreiche Veränderungskommunikation wirklich funktioniert?!
Quelle Foto: © Kundra – Fotolia.com

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