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Mit 10 Regeln zum Scherbenhaufen – wie man Unternehmen lähmt und sterben lässt!




 

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Zwei Kinder schießen abwechselnd begeistert mit einem Ball immer wieder gegen eine Hauswand. In den letzten Tagen haben die Eltern verzweifelt versucht, sie davon abzubringen, denn die Terrassentür ist sehr nah und die Wahrscheinlichkeit eines teuren Glasbruchs steigt mit der zunehmenden Begeisterung der Kinder. Da hat die Oma eine Idee: Sie nimmt einen Vorschlaghammer mit nach draußen, Feger und Schaufel sowie die Mülltonne und fordert die Kinder auf, die Scheibe doch gleich einzuschlagen, denn dann sei das Thema erledigt und man könne eine neue Scheibe kaufen. Wie erhofft verlegen die Kinder ihre Spielzone an eine andere Stelle, diesmal ohne Fenster und Türen zu gefährden.

Paradoxe Interventionen helfen, gewohnte Muster zu brechen und als schädlich eingeschätztes Verhalten drastisch sichtbar zu machen, so dass es bei den Beteiligten „Klick“ macht. Für Unternehmen hat Professor Kruse bereits in den 90er Jahren in seinen Vorträgen und Videos mit viel analytischer Schärfe, Humor und Bissigkeit in seinen „Mit 8 Regeln zum kompletten Stillstand“ paradoxe Regeln vorgeschlagen.

Die folgenden 10 Regeln, ein Unternehmen zu lähmen und sterben zu lassen, sollen ebendiese verhindern helfen und beleuchten einen kleinen Teil meiner Erfahrungen der letzten 20 Jahre als Manager.

  1. Sorgen Sie für maximale Abschottung von Unternehmenseinheiten: Dabei ist darauf zu achten, das die Kommunikation zwischen den Unternehmensteilen auf möglichst wenige Personen beschränkt ist, zu möglichst wenigen Themen und möglichst selten stattfindet. Besonders erfolgreich ist das Muster, wenn  die Unternehmenseinheiten eine hohe Bedeutung in der Lieferkette für den Kunden haben, z.B. Development und QA oder Marketing und Produktion.
  2. Sorgen Sie für ein ständiges Verschieben von Ressourcen in unterschiedliche Vorhaben: Möglichst viele Projekte zu haben, ist ein Ziel für jedes Unternehmen, denn dann kann man möglichst viel schaffen. Wenn mann alles gut plant, möglichst auf die Stunde genau, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ein wenig sollte man vielleicht darauf achten, auf unerwartete Ereignisse reagieren zu können, hier hilft ein guter Eskalationsmechanismus mit starkem Management. Und es ist auch nicht schlecht, ein wenig mit den Mitarbeitern, den Wanderarbeitern zwischen den Projekten zu reden. Das macht die Situation für diese erträglicher.
  3. Sorgen Sie für täglichen Veränderungsdruck auf die Innovations- und Entwicklungsteams: Sie sollten bei der Einhaltung dieser Regel Ihrerseits sehr kreativ sein. Verändern sie fast täglich Anforderungen und Zielvorgaben, Wechseln sie die verantwortlichen Manager für ein Thema oder gebe Sie neue Tools und Arbeitsmittel als verbindlich vor. Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
  4. Sorgen Sie im Unternehmen gezielt für Fehlinformationen: Auch hier gibt es vielfältige Möglichkeiten, wechseln Sie z.B. die Unternehmenseinheiten, in denen sie wichtige Informationen zuerst streuen. Vor allem beschränken sie den Informationskanal auf möglichst wenige Menschen und Unternehmenseinheiten. Besonders gewitzt ist es, die unterschiedlichsten Hierarchieebenen bei der Informationsverteilung zu nutzen. Manchmal reicht eine leichte Verfälschung einer Information. Der harte Weg, den sie als richtiger Manager vielleicht auch in Notsituationen gehen müssen, ist wirklich Falsches in die Unternehmung einzubringen. Ihre Mühen werden belohnt: Diese Regel stärkt natürlich Ihre Position im Unternehmen.
  5. Machen Sie sich als Führungsperson unsichtbar: Wichtig ist es dabei, dies über einen möglichst langen Zeitraum auszuhalten. Geben Sie auch keine Anlässen für Kommunikationen und machen Sie sich örtlich unabhängig. Schlecht ist es, wenn Ihre engsten Mitarbeiter Sie finden könnten. Wenn diese Sie wider Erwarten zu einem Thema sprechen wollen, lehnen Sie geschickt aus Zeitgründen ab. Sollte es dennoch zu einem Treffen kommen, so verzögern sie möglichst auch die einfachsten Entscheidungen, denn das ist es womöglich, was die Mitarbeiter von Ihnen wollen. Das Tolle an dem Muster ist, dass es auf allen Hierarchieebenen perfekt funktioniert.
  6. Machen Sie den Mitarbeitern Angst um Ihren Arbeitsplatz: Auch hier gibt es die unterschiedlichsten Varianten. So können Sie die Mitarbeiter einzeln unter Druck setzen, das ist aber ineffizient und braucht viel von Ihrer Zeit und Energie. Besser ist es, ständig Geschichten über den steigenden Wettbewerbsdruck zu erzählen, als symbolisches Zeichen an den einfachsten Dingen zu sparen (Verpflegung, Bleistifte) oder gar gezielt Fehlinformationen über eine bevorstehende starke Verschlechterung der Geschäftssituation bis hin zur Insolvenz aufkommen zu lassen oder gar zu streuen. Auf keinen Fall sollten Sie eine klare Strategie erkennen lassen, wie Sie das Unternehmen aus dieser schwierigen Situation herausbringen möchten.
  7. Lassen Sie das Unternehmen oder Ihre Organisationseinheit möglichst viele Themen gleichzeitig bearbeiten: Sicher ist, Sie wollen viel schaffen, das ist ja Ihre Aufgabe und alle Themen müssen gemacht werden. Verstärken können Sie das Ganze durch Schein-Priorisierungen: Vergeben Sie eine scheinbare Priorität für ein Thema, sorgen Sie aber gezielt für einen ständigen Wechsel von wichtig zu unwichtig und machen Sie immer wieder klar, das trotz Prioritäten alles geschafft werden muss, und zwar so schnell wie möglich. Dabei hilft, wenn Sie in jedem Falle Zeitdruck machen. Auch dieses Muster hilft auf allen Hierarchieebenen, vom Unternehmenslenker bis hin zum Teamleiter und Produktmanager.
  8. Starten Sie große Veränderungsmaßnahmen und lassen Sie diese auf halbem Wege versanden: Die Veränderungsmaßnahmen sollten dabei symbolisch möglichst hoch aufgeladen werden, z.B. sollte das gesamte Führungsteam daran beteiligt sein und Sie sollten die beschlossenen Arbeitspakete als für die Zukunft des Unternehmens bedeutsam herausstellen. Hier hilft eine große Ankündigung im Unternehmen und vorher eine Abwesenheit der Führungskräfte bei einem Offsite. Das schafft die nötige Spannung in der Organisation. Versanden lässt man das Vorhaben dann, wenn möglichst alle Arbeitspakete zur Hälfte fertig sind und sich das Unternehmen in einem Zwischenzustand befindet. Die Techniken für das Versanden lassen sind unternehmensspezifisch, meist hilft jedoch ein möglichst langes Nicht-Informieren über den Fortschritt, das Entziehen von Ressourcen für die Weiterarbeit an den Themen oder gar das Aufsetzen eines noch größeren Change-Vorhabens.
  9. Verzögern Sie wichtige oder strategische Entscheidungen möglichst lange: Unternehmen sind Entscheidungsmaschinen und leben davon, dass Entscheidungen getroffen werden. Dem müssen Sie einen Riegel vorschieben. Strategische Entscheidungen, die den Leuten im Unternehmen einen klareren Blick auf das weitere Vorgehen geben könnten, sollten deshalb möglichst lange heraus gezögert werden. Aber auch im Kleinen hilft die Regel. Verzögern Sie Entscheidungen, die für eine Unternehmenseinheit wichtig sind, z.B. Personalentscheidungen oder Entscheidungen über Ziele.
  10. Beauftragen Sie unterschiedliche Unternehmenseinheiten mit möglichst vielen unterschiedlichen Zielen: Sie können dabei Unternehmenseinheiten oder auch Einzelpersonen mit sich möglichst widersprüchlichen Zielen versorgen. Damit sichern Sie sich perfekt ab, können alle Ziele gleichzeitig verfolgen. Messen Sie die Ziele möglichst exakt, kümmern sich dann aber auf keinen Fall um deren Einhaltung oder gar Nachbesprechung, wann Ziele erfüllt wurden oder was man aus dem Nicht-Erreichen lernen kann. Verändern Sie die Messsysteme ständig, auf keinen Fall sollten diese länger als ein halbes Jahr überleben. Dann können sSie immer mit der Mode gehen und einmal wie Ihre digitalen Vorbilder aus dem Silikon Valley sein.

Ich hoffe, ich habe Ihnen Vorschlaghammer, Feger, Schaufel und Mülleimer für Ihr Problem geliefert. Ich würde mich sehr freuen, eine Anregung für den Wechsel der Spielzone gegeben zu haben. Über Anregungen für weitere paradoxe Regeln würde ich mich sehr freuen.

Wenn Sie Lust zum Weiterlesen haben, findet sich hier Stoff:

 

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