OUTSIDE IN – Warum die Gesamtverantwortung für ausgelagerte Funktionen beim Produktionsteam liegen muss
26. Mai 2017
Immer aufwendigere Produkte und veränderte gesellschaftliche Bedingungen für Unternehmen (Z.B. Konkurrenz, Gesetze, Kundenmarkt) haben in Zeiten der Industrialisierung dafür gesorgt, dass sich Organisationen ausdifferenziert und arbeitsteilig organisiert haben. Im Zentrum der industriellen Denkweise steht immer die Effizienz, die Herstellung von möglichst vielen Produkten in möglichst kurzen Zeiträumen. So wurden Funktionen wie Human Ressources, Vertrieb, Marketing, Qualitätsmanagement, Compliance und Security aus den Produktionsteams ausgelagert, um die Produktion selbst effizienter zu machen und zu entlasten. Diese Funktionen wurden bald zu eigenen Bereichen im Unternehmen. Die Verantwortlichkeit für diese Funktionen wurden damit aus dem Produktionsbereichen ausgelagert: Wenn Qualität nicht stimmte, dann war die Qualitätssicherung Schuld, wenn der Vertrieb des Produktes nicht vorankam, so war es die Vertriebsabteilung, die einen auf den Deckel bekam.
Mit der Digitalisierung und der Komplexität von Produkten (jeder Kunde bekommt ein Unikat) erweist sich dieses Verständnis in heutigen Produktionsbereichen als hinderlich. Vielfach verstanden ist schon: Qualität kann nicht nachträglich hineingetestet werden, Qualitätssicherung ist Teil des Produktionsprozesses. So gibt es immer Software, um Software oder Hardware zu testen. Vielfach hat sich diese Erkenntnis für andere Funktionsbereiche des Unternehmens allerdings noch nicht durchgesetzt. Dabei sollte eigentlich Security bei der Erstellung der Produkte in jedem Schritt mit bedacht werden und nicht nachträglich hineingeaudited werden. Das Wissen um eine vollständige Security muss im Produktionsteam vorhanden sein. Ebenso können HR, Compliance, Vertrieb und Marketing nicht von außen gemacht werden, sondern müssen als Teil des Erstellungs-Prozesses und Betriebes von Produkten gedacht werden.
Dieser Prozess des „OOUTSIDE IN“, des Einbindens von Funktionen in den Produktionsprozess (die Jahrzehnte vorher ausgelagert wurden), wird notwendig, denn
- um die Funktionen sauber zu gewährleisten, ist Know-how aus dem Erstellen und Betreiben des Produktes notwendig.
- um das Produkt sauber erstellen und betreiben zu können, ist Wissen aus den Funktionen notwendig.
- es erweist sich praktisch als unmöglich, Verantwortlichkeit für eine Funktion zu übernehmen, wenn man keinen Einfluss auf die Erstellung und den Betrieb von Produkten hat.
- Einflüsse der Funktionen auf den Produktionsbetrieb werden, wenn sie als von außen kommend empfunden werden, nur als Störung betrachtet.
In letzter Konsequenz bedeutet OUTSIDE IN, dass die Gesamtverantwortlichkeit für alle ausgelagerten Funktionen beim Produktionsteam liegen muss. Dabei können nicht alle Funktionen direkt im Produktionsteam bearbeitet werden. Sie können als Auftrag an andere Teams mit einem klaren Kunden-Dienstleister Verhältnis übergeben werden. In dieser Konstellation können spezielles Wissen und Fähigkeiten von Spezialdienstleistern weiter genutzt werden. Der Auftrag für Security-Maßnahmen erfolgt aber nicht mehr von außen durch eine ausgelagerte Funktion (Die Security-Abteilung ist verärgert und möchte das Projekt stoppen) sondern von innen (das Produktionsteam braucht Unterstützung bei der Implementierung einer sicheren Netzwerkinfrastruktur durch die Abteilungen Security und Infrastruktur).
Was hindert Unternehmen daran, das OUTSIDE IN zu implementieren:
- Da ist zunächst Gewohnheit (es war schon immer so, dass HR etwas machen muss, wenn es unter den Leuten nicht läuft).
- Vielfach sind es auch die mächtigen Organisationsbereiche in Unternehmen, die nichts von ihre Macht abgeben möchten und nicht vom Befehlsgeber („Wir machen da mal schnell ein Audit mit euch.“) zum Dienstleister werden wollen („Welches Wissen braucht ihr, um den Audit zu überstehen?“).
- Und da ist vielfach der Glaube, dass diese Vielfalt an Funktionen nicht in einem so kleinen Produktteam wahrgenommen werden kann. Dabei wird häufig vergessen, dass nur Überblickswissen im Team vorhanden sein muss und die Arbeiten für die Funktion dann ausgelagert werden können.
Um sich zu OUTSIDE IN hin zu bewegen, empfiehlt sich ein iterativer Veränderungsprozess. Funktion für Funktion kann in die Produktionsteams eingelagert werden. Und bezogen auf jede Funktion können einzelne Prozesse umgestellt werden, Prozess für Prozess. Dafür können in den meisten Unternehmen auch klare Prioritäten vergeben werden, je nachdem, wo der Schuh am meisten drückt. Voraussetzung für einen erfolgreichen Wandel ist wie immer zunächst ein gemeinsames Verständnis, hier: Ein gemeinsames Verständnis darüber, wie schädlich es für das Unternehmen ist, die Verantwortlichkeit von Funktionen außerhalb des Produktionsteams zu belassen!
Was hindert Sie mit OUTSIDE IN zu beginnen? Kommentare und Anregungen sind wie immer herzlich willkommen!
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