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Entscheidende Entscheidung




 

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Entscheiden ist nicht nur in der Literatur, sondern auch in meiner Praxis eine der wichtigsten Managementaufgaben. Entscheidungen des oberen Managements sind ein Risiko, gleichzeitig aber auch eine große Chance, denn sie können ganze Konzerne verändern. Entscheidungen durch Entwickler haben vielfach geringere Auswirkungen, können aber auch ein großes Risiko bergen. Zu entscheiden ist immer mit einem Gefühl des Unbehagens behaftet, denn man entscheidet sich gegen etwas (mit dem Risiko des Verlustes) und für Etwas, mit dem Risiko, dass die mit der Entscheidung erhoffte Erwartung nicht erfüllt wird. Das ist unangenehm.
Entscheidend für mich ist deshalb sich zu entscheiden, wie man als oberes Management, Teamleiter, Entwickler, Tester, Support-Mitarbeiter, Operations-Engineer oder UX-Designer entscheiden möchte.

Mir sind dabei in der Praxis 3 unterschiedliche Wege begegnet. Sie unterscheiden sich dadurch, wie andere Personen in die Entscheidung einbezogen werden.

  1. Einzelentscheidung: Die Einzelentscheidung wird von einem Menschen getroffen, ohne andere bei der Entscheidungsfindung zu beteiligen. Dies entlastet zunächst einmal alle anderen, denn die Verantwortung für die Entscheidung liegt bei einem Einzelnen. Die Einzelentscheidung birgt die Gefahr, dass relevante Ideen und Meinungen anderer Organisationsmitglieder nicht für die Entscheidung genutzt werden und eine bessere Entscheidung möglich gewesen wäre. Häufig führt die Einzelentscheidung auch zu Verwirrung in der Organisation, denn sie kann überraschen und Erwartungen der Organisationsbeteiligten nicht treffen. Dies kann zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Entscheidung führen.
  2. Konsensuale Entscheidung: Konsensuale Entscheidungen werden gemeinsam in einer Gruppe getroffen. Der Vorteil ist, dass viele Meinungen bei der Entscheidung berücksichtigt werden und diese durch Berücksichtigung möglichst vieler Umstände „richtiger“ werden. Das gemeinsame Entscheidungen birgt aber immer  die Gefahr, dass Argumente über Wochen und Monate ausgetauscht werden und immer wieder neue Teilbereiche Berücksichtigung finden sollen. Diese verzögerten Entscheidungen können Organisationen lähmen und zum Stillstand führen. Dann entscheiden die Umstände und nicht mehr ein Führungsteam. Die Gefahr konsensualer Entscheidungen ist auch, dass keiner der an der Entscheidung Beteiligten, die wirkliche Verantwortung für die Entscheidung hat. Dies kann dazu führen, dass überhöhte Risiken eingegangen werden, Fehlentscheidungen nicht konsequent korrigiert werden oder eine Kultur der Beliebigkeit und Führungslosigkeit entsteht: Verantwortlich ist ja niemand mehr.
  3. Konsultative Entscheidung: Die konsultative Entscheidung wird von  einer Person getroffen, die für die Entscheidung verantwortlich ist, mit allen Konsequenzen. Diese Person ist aber verpflichtet, diese Entscheidung nicht alleine zu treffen, sondern alle Personen in einer Organisation beratend einzubeziehen, die Wesentliches zur Entscheidung beitragen können: vom Vorstand bis zum Operations-Engineer. So werden die notwendigen Aspekte für eine Entscheidung berücksichtigt, Entscheidungen werden nicht verzögert (für die Folgen ist ja jemand verantwortlich) und auch bei Fehlentscheidungen ist jemand verantwortlich zu handeln. Konsultative Entscheidungen müssen nicht von der höchsten Hierarchiestufe getroffen werden, sondern können dezentral von Mitgliedern betroffener Teams geleistet werden. Dies macht Entscheidungsfindung skalierbar und führt zu einer Kultur verantwortlicher Führung, vom Vorstand bis zum Entwickler.

Meiner Ansicht nach werden sehr hierarchisch geführte Unternehmen von der Einzelentscheidung dominiert. Dies wird von der agilen Bewegung durch das viel zitierte „Command and Control“-Pattern kritisiert.

Falsch verstandene Agilität hat meiner Beobachtung nach aber dazu geführt, dass in Teams, Führungsteams, Vorständen als Gegenpol zum ungeliebten klassischen Verhalten nur noch konsensual entschieden wird. Das ist für alle Beteiligten gefühlt am bequemsten, niemand ist verantwortlich. In vielen Unternehmen führt dies zum zeitweiligen Stillstand und dann doch zu großer Unzufriedenheit. Denn dass nichts vorangeht und Führung (ob zentral oder dezentral) fehlt, merken die Organisation und ihre Mitglieder. Meiner Ansicht nach gefährdet eine konsensuale Entscheidungskultur langfristig ein Unternehmen, weil es am Markt nicht mehr ausreichend schnell und flexibel handelt.

Ich habe mich schon lange für das konsultative Entscheiden entschieden und sorge auch in den Organisationen, für die ich verantwortlich bin, dafür, dass dieser Weg von anderen Mitarbeitern eingehalten wird. Konsultatives Entscheiden ist die Synergie von 1. und 2., gleicht Nachteile aus und behält die Vorteile bei. Es erlaubt agiles, dezentrales und skalierbares Entscheiden und stärkt eine dezentrale Führungskultur.

Wie entscheiden Sie? Haben Sie sich entschieden?

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Quelle Foto: © Dmytro Smaglov – Fotolia.com

 

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