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Struktur oder Durcheinander – die Vorzüge interessengeleiteter Diskussionen




 

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Es liegt in der Natur des Menschen, dass nicht alle die gleichen Erfahrungen, Haltungen und Herangehensweisen haben. Obwohl z.B. alle 8 Informatiker in einem Raum die gleiche Ausbildung genossen haben, heißt das noch lange nicht, dass alle das gleiche Verständnis von dem zu erarbeitenden Thema haben. Der eine sucht eine Lösung für das Thema auf einer Programmierebene, ein anderer auf einer Architekturebene, noch ein anderer bildet erst einmal ein mathematisches Modell für einen Lösungsansatz und dann zu guter Letzt gibt es noch die Typen – aus einer längst vergessenen FlowerPower-Zeit – , die ein Bild (manchmal wird es auch Bauplan genannt) malen wollen.

Kaum zu glauben, aus welch unterschiedlichen Flughöhen man ein- und dasselbe Thema betrachten kann. Im Normalfall beschweren sich die Teilnehmer in Meetings bereits nach 5 Minuten, dass alles durcheinander läuft und fragen, ob man nicht ein bisschen strukturierter diskutieren kann. Ich sage dann immer „NEIN“ –  Also ja, man könnte, aber es macht keinen Sinn. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, weil wir keine linearen Automaten sind, sondern interessengesteuerte Menschen. Was heißt das?

Wenn man eine Top-Down Vorgehensweise wählt, werden die Theoretiker vielleicht einen schönen Überblick liefern, an dem man sich ohne größeres Verzetteln entlang hangeln kann. Man beraubt sich damit aber gleichzeitig aller Möglichkeiten, die Interessen, die abseits des vorgegebenen Weges liegen, zu berücksichtigen. Man entscheidet sich sozusagen mit einem solchen Vorgehen für ein bewusstes Scheitern, da die Grenzen des Lösungsraumes (zu) frühzeitig eingeschränkt werden.

Für mich ist es aus diesem Grund besser, eine im ersten Schritt interessengeleitete Diskussion zu haben und erst im zweiten Schritt einen geeigneten Überbau zu finden. Um den Überbau zu erhalten mache ich in der Regel zunächst eine Pause. Je nach Kontext präsentiere ich im Anschluss selbst oder lasse einen der Teilnehmer einen strukturellen Überbau präsentieren. Die Struktur wird aus den den verschiedenen Diskussionssträngen und -ebenen abgeleitet. Nachdem der Überbau von allen Teilnehmern akzeptiert wurde, kommt die mühsame Aufgabe, die gesammelten Diskussionsergebnisse in den Überbau einzusortieren.

Diese Vorgehensweise bietet sich vor allem am Anfang eines Projektes oder bei grundlegenden Entscheidungen an. Die Dauer der rein interessegeleiteten Phase ist stark abhängig von der Tragweite dessen, was diskutiert wird. Ich habe zum Beispiel mit meinem 6-köpfigem Projektteam 6 Stunden lang das Projektziel diskutiert inkl. Ziele und Nicht-Ziele – bis ein Gesamtziel gefunden war, mit dem alle Beteiligten sich identifizieren konnten. Der Prozess war nicht einfach, doch am Ende konnte jeder sich mit seinen Interessen im Gesamtziel wiederfinden. Die Folge war ein hohes Commitment während der gesamten Projektlaufzeit, das letztlich entscheidend zum Projekterfolg beigetragen hat. Insofern hat sich der Aufwand mehr als rentiert.

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Quelle Foto:© rangizzz – Fotolia.com

 

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