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Langeweile im Projekt




 

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Für die meisten Projektleiter besteht das Hauptproblem in knappen Ressourcen, Termindruck und sich stark verändernden Anforderungen. Fast die gesamte Projektmanagement-Literatur kümmert sich darum – auf der Ebene der Prozesse ebenso wie auf der Ebene von Führungstheorien.

Doch wie geht man als Projektmanager mit einer Situation um, in der zu viele Ressourcen zugeordnet sind, in der es keine eindeutig definierte Aufgabe und auch keinerlei Termindruck gib? Ist Langeweile im Projekt etwa das erstrebenswerte Gegenteil von der sonst so drückenden Last? Alle, die eine derartige Situation im Projekt einmal erlebt haben, werden dies strikt verneinen. Eine solche Situation ist meist genauso anstrengend, als wenn man sich am Strand von Kreta bei 40 Grad im Schatten zu lange „erholt“ hat.

Langeweile legt sich drückend auf das Projektteam, und im Käfig des Nicht-Vorankommens brechen irgendwann Konflikte aus, in denen gegenseitige Schuldzuweisungen bisweilen brutal ausgefochten werden. Derartige Situationen treten meist in Phasen auf, in denen die Trägerorganisation des Projektes nicht in allen Bereichen vollständig definiert, entscheidungsfreudig und handlungsfähig ist. Meist ist der Posten eines Sponsors unbesetzt oder die Organisation selbst befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch.

Für den Projektleiter stellt sich die Frage, wie er mit einem „Projekt in Langeweile“ umgehen kann. Meiner Erfahrung nach gibt es zwei Strategien, die in solchen Fällen dem Team das Leben leichter machen und es nach der Phase des Wartens auch wieder zum Funktionieren bringen. Die eine besteht in einer starken Präsenz des Projektleiters, die andere basiert auf Ehrlichkeit im Umgang mit der Situation.

Als Projektleiter neigt man zunächst dazu, sich in einer von „Langeweile“ dominierten Situation zurück zu nehmen – denn es ist ja nichts zu tun. Verhält man sich längere Zeit so, wird man jedoch den zwangsläufig aufkeimenden Unmut kaum mehr stoppen können. Im Zugehen auf die Beteiligten, im offenen Gespräch über die Lage und dem Abmildern negativer Emotionen geht man die Situation hingegen aktiv an und beeinflusst sie im Rahmen des Möglichen positiv. Für den Projektleiter ist ein Projekt in Langeweile daher mit viel Arbeit verbunden.

Langeweile entsteht in Projekten nicht ohne Grund. Die Ehrlichkeit im Umgang mit den Gründen der Situation ist elementar, um Gerüchte und das sich verselbständigende Konfliktpotenzial zu begrenzen. Verändert sich die Situation auch nur ein bisschen, so muss das allen im Team transparent gemacht werden. Verschiedene Interpretationen der Situation müssen offen diskutiert werden. Wichtig ist es vor allem, eigene Handlungsmöglichkeiten trotz einer verfahrenen Situation zu bewerten, um Spielräume nutzbar zu machen. Auch wenn sich Dinge nur an einigen Stellen ein wenig bewegen, kann das einem Team schon helfen. Und selbst das Wissen darum, wo sich nichts bewegen wird, wirkt entlastend.

Ein Projekt in Langeweile ist für den Projektleiter – entgegen dem ersten Anschein – also alles andere als langweilig!

 

 

Quelle Foto: © NinaMalyna – Fotolia.com

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