Führung lernen mit GRID
7. April 2008
Dr. Sergey Savchuk ist zugelassener GRID-Trainer und spezialisiert auf die Themen Unternehmenskultur und Führung.
Wir haben keine Zeit, um Zeit zu sparen. Die Welt hat im Laufe der Jahre immer mehr die Fähigkeit entwickelt, unser Leben zu beschleunigen und uns mit operativen Kleinigkeiten vom Wichtigen abzulenken. Um aber etwas zu tun, muss man gleichzeitig das „Nichts-Tun“ beherrschen. Das ist eine Ausprägung des Dialektikspiels. Also anhalten, Luft holen, sich zurückziehen! Wozu? So kann man den eigenen Fokus besser steuern. Wozu das? Um lernen zu können, muss ich reflektieren – um zu reflektieren, muss ich auf einen Berg klettern, um eine andere Perspektive zu gewinnen und das Geschehen von oben zu betrachten. Und Lernfähigkeit ist eine wesentliche Eigenschaft guter Führungskräfte.
Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie intelligente und hochkompetente Vorgesetzte es nicht schaffen, ihre Mitarbeiter effektiv zu führen, um Synergie im Team zu erreichen. Die Antwort ist aber immer die gleiche: dies hat nichts mit Intelligenz im herkömmlichen Sinne zu tun. Das suboptimale Verhalten beruht auf den tiefliegenden persönlichen Annahmen, die so gut wie nie in Frage gestellt werden. Was zusätzlich fehlt, ist das konkrete Bild dessen, was optimale Führung ausmacht, um sich daran messen zu können. Abgesehen davon nimmt man sich selbst immer anders wahr als die anderen, da man sein Verhalten oft nach den Absichten und nicht nach den Folgen beurteilt. Die Folge: wenig oder keine Motivation zur Verbesserung, daher geht man schnell in Abwehrhaltung gegen jede Veränderung.
Das Führungsverhalten kann man aber positiv beeinflussen. Anbei kurze Eckpunkte dazu, wie ein Modell helfen könnte, eigenes Verhalten zu überdenken und nachhaltig Schritt für Schritt zu ändern. Alles fängt, wie immer, mit einer Fokusverlagerung auf das eigene Verhalten an, wobei jeder über ideales und tatsächliches Verhalten nachdenkt. Die GRID-Methode gibt eine einfache Struktur vor, die als Diskussionsgrundlage dient, um eigene Vorstellungen mit denen von anderen Teilnehmern abgleichen und schärfen zu können. Das Modell besteht aus 7 Führungsstilen, die auf bestimmten Annahmen in den beiden Dimensionen „Menschenorientierung“ und „Ergebnisorientierung“, jeweils von 1 bis 9 rangierend, basieren. Das Modell geht davon aus, dass die Annahmen und Wertvorstellungen sich im Verhalten widerspiegeln. Ein Chef mit beispielsweise extremer Ergebnisorientierung und niedriger Menschenorientierung wird auf bestimmte Weise Informationen gewinnen, Kritik äußern, Konflikte lösen und usw., und zwar dominierend und kontrollierend. Die beschriebenen Stile und entsprechenden Verhaltensweisen geben wertvolle Denk- und Diskussionsanstöße.
Im Laufe eines GRID-Seminars wird die Wahrnehmung einer Lücke zwischen den eigenen Einschätzungen vom idealen und tatsächlichen Verhalten stärker. Es ist immer wieder schön zu erleben, wie intensiv die Verbindung zwischen Verhalten und Ergebnis ist, und wie weit von der Realität entfernt unsere Selbsteinschätzung oft liegt. Die Spannung dazwischen ist aber etwas Positives, da gerade sie die Motivation zur Veränderung schafft.
Diese Einsicht ist aber nur der Anfang des Weges. Im Seminar lernt jeder dazu, wie man seine Umgebung in ein Lernlabor umwandeln kann, um Nachhaltigkeit zu erlangen. Außer der persönlichen Ebene werden im GRID-Seminar auch Gruppen- und Unternehmensebene behandelt, indem das Team Normen und Standards, sowie den „Gap“ zwischen einer idealen und der tatsächlichen Unternehmenskultur erarbeitet und daraus Maßnahmen ableitet, die man ergreifen soll.
Ich habe selbst vor 5 Jahren als Top-Manager an diesem Seminar teilgenommen und kenne von innen zwei Großfirmen, die schon Jahrzehnte nach diesem Konzept arbeiten. Ich werde auch nicht verschweigen, dass die Begeisterung nach dem Seminar bei vielen schnell nachgelassen hat. Trotzdem konnte ich nachhaltige Veränderungen in der Art, wie Konflikte gelöst wurden und Feedback gegeben wird, feststellen, was eine ausschlaggebende Rolle für weitere Lernfortschritte spielt. Deswegen habe ich mich nach 5 Jahren eigener Erfahrung zum Seminarleiter qualifizieren lassen und stelle immer wieder fest, dass das GRID-Modell wirkungsvoll ist, da es einfach ist und auf dem natürlichen Bedürfnis nach Offenheit und Lernen basiert.
Anbei der Link (http://www.de.grid-eu.com/show). Ich freue mich auf Fragen und jede Diskussion, wie man das Thema der nachhaltigen Änderung des Führungsverhaltens effektiv angehen kann. Ich wünsche allen einen langen Atem und Unterscheidungsfähigkeit.
Dr. Sergey Savchuk (s.savchuk@yahoo.de)
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