Die Macht der Zahlen
12. September 2011
Zahlen sind die Sprache des Managements. Sie werden zur Messung von Status oder zur Messung des Fortschritts bei Entwicklungen eingesetzt. Prominente Beispiele sind Key-Performance-Indikatoren (KPI) oder Zahlen, die ein gewünschtes Serviceverhalten in Service-Level-Agreements zumeist vertraglich festschreiben. Aber auch in Managementpräsentationen sind Zahlenvergleiche durch Pie-Charts oder andere Grafikformen bestimmende Elemente.
Zahlen sind mächtig. Denn sie verdichten Information und bringen eine komplexe Menge von Aktivitäten vieler Personen und unterschiedlicher Informationen auf den Punkt. Damit ist es für Menschen leichter Komplexes zu verstehen.
Zur Zeit schaut alle Welt gebannt auf Börsenbarometer wie die Kurve des DAX, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Unternehmen, die politische Stabilität, das Vertrauen in die Politik und Ausfallrisiken von Banken zusammenfasst. In Unternehmen kann z.B. die Anzahl der Major Bugs nach dem Launch eines neuen Systems Auskunft über die Stabilität einer Plattform geben – was je nach Höhe entweder Alarmstimmung, Aufregung, Entspannung oder auch Gleichgültigkeit in der gesamten Organisation auslösen kann.
Zahlen erscheinen objektiv, sie erzeugen Glaubwürdigkeit. Sie haben die Informationen, die hinter ihnen stehen, so weit verdichtet, dass einzelne Teilaspekte nicht mehr angreifbar sind. Wie viel leichter ist es doch, eine Maßnahmenliste, die ein Problem beheben soll, in alle Einzelteile zu zerlegen als zwei Zahlen zu sezieren, die bereits einen Rückgang des Problemzustandes diagnostizieren?
Weil sie so mächtig sind, setze ich Zahlen sehr gerne für die Fortschrittsmessung der großen Probleme in Projekten, besonders in Turnarounds, ein. Auch als Interimsmanager nutze ich die Macht der Zahlen, um die großen Veränderungen voranzubringen. Hierzu versuche ich, die notwendige Veränderung durch Zahlen fassbar zu machen. Werden zum Beispiel zu wenig Kapazitäten für die eigentliche Produktentwicklung eingesetzt, so hat ein Pie Chart, dass die Anteile von Business Value, Sales, Marketing und Architektur darstellt, schon Wunder bewirkt und die Teamaufteilung nachhaltig beeinflusst.
Bei einem meiner Turnaround-Projekte, das erhebliche Qualitätsprobleme hatte, war die täglich erfasste Bugstatistik (Anzahl der Major Bugs) in Form einer Kurve greifbare Fortschrittsmessung und schließlich auch Motivation zum Durchhalten und zur Erhöhung der Anstrengungen auf allen Ebenen, vom Geschäftsführer bis zum Entwickler.
Trotz aller Vorteile können Zahlen aber auch gefährlich werden, nämlich genau dann, wenn sie mehr verbergen als konstruktiv zusammenfassen. Sie können in diesem Sinne auch manipulativ eingesetzt werden – was leider auch häufig geschieht. Aussagen wie „Mit unserer Software können Sie 80% Ihrer Probleme lösen“ nutzen die Macht der Zahlen z.B. als Verkaufstrick. Um solche Manipulationen abzuwehren, sollte man Zahlen grundsätzlich kritisch hinterfragen und Begründungen für die Aussage einfordern. Mögliche Fragen wären etwa: „Welche Probleme genau sind in diesen 80% enthalten?“, „Wie kommen Sie denn zu dieser Zahl?“ oder „Welche Probleme genau löst denn die Software?“
Mein Fazit:
Versuchen Sie Veränderungswünsche und Problembehebungsszenarien durch Zahlen greifbarer zu machen. Damit können Sie einen unheimlichen Schub in Ihre Projekte bringen. Und seien Sie auf der anderen Seite auf der Hut, wenn Ihnen jemand in seiner Argumentation schnell ein paar Zahlen vorlegt, bei denen nicht ersichtlich ist, welche Informationen sie verdichten – und welche sie verdecken.
Quelle Foto: © froxx – Fotolia.com
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