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Agiles PM – Herausforderung für den Projektmanager




 

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Agiles Projektmanagement einzusetzen scheint einfach. Schon 20 Seiten in Ken Schwabers Buch „Agile Project Management with Scrum“ reichen, um das Ablaufmodell und das Rollenmodell der am weitesten verbreiteten agilen Methodik zu verstehen. Liest man sogar noch die restlichen knapp 100 Seiten, so ist man mit allerlei Fällen aus der Praxis gewappnet.

Nichts liegt also näher, als sich in einem Scrum-Kurs zertifizieren zu lassen und damit in Windeseile den Schritt vom Entwickler oder Architekten zum agilen Projektleiter zu vollziehen. Doch Vorsicht: Meiner Ansicht nach laufen derzeit viele junge und ambitionierte Projektleiter in eine Falle. Dass der agile Prozess so einfach zu verstehen ist und auf einem einzigen Blatt Papier Platz findet,  führt häufig zu dem Missverständnis, dass die Durchführung agilen Projektmanagements ebenso leicht fällt. Die Praxis lehrt, dass dies ein Trugschluss ist.

Denn dass der agile Prozess an einigen Stellen weniger als herkömmliche Prozesse festlegt, bedeutet, dass die nicht mehr eindeutig festgelegten Handlungsweisen verhandelt und entschieden werden müssen. Verantwortlich dafür, die Vielfalt neuer Optionen zu erkennen und zu nutzen, ist der Projektmanager. Nur ein Projektmanager, der sich in unterschiedlichen Branchen auskennt und viele Unternehmenskulturen, Organisationsmodelle und Prozesse im Kopf hat, kann an dieser Stelle die erforderliche Erfahrung mitbringen.

An anderen Stellen fordert der agile Prozess strenge Festlegungen ein. Zum Beispiel duldet das Timeboxing-Verfahren keine Terminüberschreitungen mehr. Die wenigen, aber strengen Regeln des agilen Projektmanagements durchzusetzen, verlangt eine Persönlichkeit mit Standing, die sich nur vor einem breiten Erfahrungshintergrund gebildet haben kann. Die Aneigung und Beherrschung der Methodik ist eine zwar notwendige, aber längst nicht hinreichende Voraussetzung für die erfolgreiche Realisation agilen Projektmanagements.

Bei dem durch Agilität implizierten Kulturwandel zeigt sich dies ganz besonders: Klassisches Projektmanagement schreibt einem Entwickler Tasks, in kleine Häppchen zerlegt, vor. Im agilen Team erhält er gemeinsam mit den Kollegen nur grobe Vorgaben für die gewünschten Ergebnisse. Die Planung, wie diese erzielt werden können, ist Teil seiner Verantwortung im Team. Dieser Wandel zur Selbstorganisation fällt vielen Entwicklern und damit dem ganzen Projektteam schwer. Eine Gruppe von Menschen in diesem Wandlungsprozess zu führen, ist eine Herausforderung, die nur mit viel Erfahrung und und psychologischem Geschick gemeistert werden kann.

Meine These lautet also: Die agile Methodik als solche ist einfach. Agilität in der Praxis erfolgreich einzusetzen, ist dagegen eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Sie setzt – mehr noch als „klassisches“ Projektmanagement – ein hohes Maß an Erfahrung und Führungskompetenz voraus.

 

 

 

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