„Gemeckert wird immer“…
5. April 2013
Irgendwie war das mal überfällig – ein Artikel, der sich mit dem ubiquitären Phänomen des Meckerns befasst. Denn wo man auch hinschaut: genörgelt, gezetert und gemault wird allerorten. Nicht nur, aber gerne auch am Arbeitsplatz. Jeder kennt Kollegen, Chefs, Mitarbeiter, die immer mal wieder oder auch andauernd einen Grund für Meckereien finden – und das auch bei eigentlich durch und durch positiven Ereignissen.
Als ich z.B. unseren Mitarbeitern nach monatelanger Suche stolz unser neues Büro mit den hellen Räumen, den schönen Holzdielen, der neuen Küche, dem wunderbaren Konferenzraum usw. präsentierte, kam als Erstes: „Und wo – bitteschön – sind die Duschen?“ Ich muss etwas sparsam geguckt haben, denn einer der Kollegen kam an meine Seite und sagte: „Ach Monika, Du weißt doch: gemeckert wird immer!“ Ist schon klar. Warum aber ist das so? Wenn so viel gemeckert wird, muss das ja einen Nutzen, einen Vorteil bringen. Andernfalls könnte man es schließlich auch lassen.
Psychologische und soziale Funktionen des Meckerns
Bei genauerer Betrachtung erweist sich das Meckern tatsächlich als eine sehr funktionale Angelegenheit.
- Meckern verschafft emotionale Entlastung: Wenn ich unter Druck bin, Emotionen wie Ärger oder Wut hochkochen, dann wirkt das Meckern auf meinen Gefühlshaushalt wie ein Ventil. In Konfliktsituationen ist dieser Effekt jedoch recht flüchtig, denn auf den Gefühlshaushalt meines Gegenübers wirkt das Meckern i.d.R. wenig entspannend – eine Eskalation ist vorprogrammiert. Der entlastende Effekt ist daher größer, wenn ich an anderer Stelle klage, mich also z.B. bei Dritten über das Verhalten des Konfliktpartners auslasse. Dies ist ja auch in der Tat eine häufig zu beobachtende Unart.
- Meckern wertet das eigene Ego auf: Wer meckert, hat etwas zu sagen, gibt den Ton an. Wenn ich auf andere schimpfe, deren Unvermögen, Unverschämtheit oder andere negative Eigenschaften beklage, zeige ich zugleich: Ich bin besser! (Wahlweise: Ich kann es besser. Ich weiß es besser.) In manchen Fällen kann das Meckern nahezu identitätsstiftend sein. Indem man meckert, grenzt man sich von „den anderen“ ab.
- Meckern verschafft soziale Aufmerksamkeit: Wer sonst nichts zu sagen hat, meckert. Vor allem jene, die in der Gruppe klagen und nörgeln, können sich geballter sozialer Aufmerksamkeit sicher sein. Auch wenn das Verhalten als solches oft gar nicht gut ankommt, insbesondere, wenn es sich ständig wiederholt, völlig ignoriert werden Meckerer selten. In manchen Unternehmenskulturen werden Kollegen, die nicht meckern, erst gar nicht gehört. Das ist dann so ähnlich wie beim Hausbau: Der Maurer, Tischler, Installateur fährt immer zuerst zu demjenigen Bauherren, der am lautesten schreit. Wer hier nicht meckern kann, hat verloren.
- Meckern vergemeinschaftet: Indem man gemeinsam über die gleichen Dinge meckert, stiftet man Gemeinschaft und bildet ein Stück Gruppenidentität. Vielen Nörglern im Büro geht es genau darum: Sie sind im Team oft nicht so gut integriert und suchen über das Meckern Verbündete.
- Meckern markiert Dominanzansprüche: Wer andere anmeckert demonstriert eine überlegene Position: „Ich sage Dir, wo es lang geht.“ Aber auch jenseits direkter Konfrontationen setzen Nörgler ihr Handwerk zur Behauptung von Machtpositionen ein. Wer etwa vor den Kollegen ständig über den Chef herzieht, signalisiert: „Eigentlich müsste ich auf dem Chefsessel sitzen.“
Wenn also das nächste Mal jemand in ihrem Team mit den Augen rollt, die Brauen hochzieht und die Arme vor der Brust verschränkt, um los zu meckern, schauen Sie genau hin: Welche Funktion wird bedient? Welches Motiv liegt dem Gemecker zu Grunde? Dies hilft bei der Auswahl einer geeigneten Strategie im Umgang mit dem „Meckerpott“ ungemein. Hilfreich ist außerdem zu schauen, mit welchem Meckerer-Typus man es zu tun hat. Handelt es sich um einen „Spontan-Meckerer“, der impulsiv auf bestimmte Reize reagiert, kurz Luft ablässt und die ganze Sache danach schnell wieder vergisst, sind andere Maßnahmen sinnvoll als z.B. bei Dauernörglern oder gar echten Intriganten. Letztere sind für ein Unternehmen eine ernst zu nehmende Gefahr, die i.d.R. nur durch Machteingriff bzw. Trennung zu bannen ist.
Strategien im Umgang mit Meckerern
Wie gesagt: Gemeckert wird immer, und Meckereien sind nicht per se schädlich. Natürlich muss man auch schauen, ob nicht berechtigte Kritik vorliegt, die vielleicht nur im falschen Ton vorgetragen wird. Dann muss man Form und Inhalt trennen und die Punkte auf der Sachebene bearbeiten. Belastet das Gemecker aber einzelne Personen, beeinträchtigt es die Stimmung im Betrieb oder entwickelt es gar eine Eigendynamik mit unabsehbaren Folgen, sollte man etwas unternehmen. Die Handlungsmöglichkeiten sind vielfältiger als mancher denkt.
- Ignorieren/Auflaufen lassen: hilft bei jenen, die nur Luft ablassen wollen oder Verbündete suchen. Vor allem bei Personen, die nach Aufmerksamkeit heischen, ist diese Strategie jedoch kontraproduktiv. Das Gemecker wird dadurch nur immer lauter.
- Mitgefühl/Verständnis zeigen: bringt kurzzeitige Linderung bei Impulsmeckerern und Aufmerksamkeitssuchern.
- Abblocken/Zurückweisen: gute Möglichkeit, um Dauernörgler kalt zu stellen. Dabei darf man auch zu Generalisierungen greifen: „Das ist falsch.“ „Sie haben unrecht.“ Kann bei Dominanzbehauptern allerdings anstachelnd wirken.
- Vorschläge einfordern: hilft ebenfalls bei jenen, die ständig ein Haar in der Suppe finden. Wenn sie keine Lösungen beisteuern können: kalt stellen. Falls Lösungen kommen (selten!), diese ernst nehmen und Anerkennung zollen.
- Negativem mit Positivem begegnen: wirkt gut bei Personen, die hinterrücks meckern, um Verbündete zu finden. Auch geeignet für Aufmerksamkeitssucher. Funktioniert so, dass man jede negative Äußerung („Der Chef kümmert sich ja nur noch um den Vertrieb“) mit einer positiven Botschaft kontert („Ja, wir haben so viele tolle Projekte, da beneiden uns andere.“)
- In die Schranken weisen: bei Dominanzmeckerern und „Motzkis“ angebracht. Das störende Verhalten direkt ansprechen und klare Ansagen machen. Wenn man selbst nicht in der Position ist, dies tun zu können, den Vorgesetzten darum bitten.
- Machteingriff: manchmal hilft es nur, Personen zu isolieren oder zu entlassen. Dies gilt für Meckerer, die Intrigen spinnen und den Betriebsfrieden stören.
Falls Sie auch ein paar Strategien im Umgang mit Meckerern beisteuern möchten oder von Ihren Erfahrungen mit dem Thema berichten wollen, nutzen Sie gern unsere Kommentarfunktion. Ich bin gespannt…
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