Visionen im Unternehmen
29. April 2014
Für manche mögen Visionen ein Fall für den Arzt sein. Für die meisten Menschen aber sind Visionen die Basis ihres Antriebs und ihrer Schaffenskraft. Wer seinem Unternehmen (oder Leben) eine Richtung geben will, braucht einen Horizont, auf den er sich ausrichtet, ein Bild in der Ferne, das glitzert und lockt. Visionen sind innere Bilder eines herbei gewünschten Zustandes in einer nicht näher bestimmten Zukunft. Sie erscheinen oft traumhaft und entfalten ihre Wirkung auf der emotionalen Ebene. Visionen geben Energie, entfachen ein „inneres Feuer“, sie stimmen optimistisch und sorgen für Durchhaltevermögen.
Kein Wunder also, dass Visionen im Wirtschaftsleben eine wichtige Rolle spielen. Kaum ein Unternehmen will auf die positiven Wirkungen von Visionen verzichten. Man verspricht sich hoch motivierte MitarbeiterInnen, die für die gemeinsame Sache „brennen“ und auf das maximal Mögliche zusteuern. Doch viele Unternehmen tun sich schwer mit echten Visionen. Blumige Worte auf der Unternehmens-Homepage wirken jedenfalls selten gelungen. (Noch weniger gelungen erscheinen nur noch Aussagen à la „Wir wollen Marktführer im Bereich XY sein.“) Hinzu kommt: Visionen lassen sich nicht verordnen. Sie sind nicht auf rationaler Ebene vermittelbar. Und sie haben immer einen persönlichen Kern. Eine Vision muss berühren, im Einklang stehen mit dem eigenen Wünschen und Wollen.
In kleinen und mittelständischen Unternehmen sind es meist die GründerInnen, die mit einer Vision antreten, ihr Geschäft damit nach vorne ziehen – und andere mitreißen. Zumindest Teile der Belegschaft können sich dann oft mit dem Wunschbild identifizieren und es zu ihrem eigenen machen. In großen Betrieben und Konzernumgebungen ist das schwieriger. Manchmal gibt es auch hier charismatische Leitfiguren, denen es gelingt, den Funken hier und da überspringen zu lassen. Ich teile im übrigen auch nicht die Auffassung, dass es DIE eine große Vision geben muss, hinter der sich alle Kolleginnen und Kollegen versammeln (müssen). Vielleicht ist es wichtiger, ein Umfeld zu schaffen, in dem die MitarbeiterInnen eigene Visionen entwickeln können, die an die Kultur und die Entwicklung des Unternehmens anschlussfähig sind.
In diesem Zusammenhang ist es freilich sinnvoll, sich über grundsätzliche Haltungen bewusst zu werden und z.B. zu fragen „Wie wollen wir miteinander umgehen?“, „Welche Qualität soll die Beziehung zu unseren Kunden haben?“, „Wie wollen wir wirtschaften?“ usw. Dies sind Parameter, die man analytisch erfassen und bearbeiten kann. Als Ergebnis einer solchen Auseinandersetzung erhält man zentrale Aussagen über langfristige Gesamtziele und das Bekenntnis zu bestimmten Werten und Handlungsgrundsätzen, die im Unternehmen gelten sollen. Man erhält, anders formuliert, ein Leitbild. Leitbilder sind – anders als der Begriff vorgaukelt und im Gegensatz zu Visionen – keine Bilder. Sie sind deutlich weniger emotional. Wo die Vision im Innersten das Feuer schürt, arbeitet das Leitbild auf der Ebene der Vernunft. Das macht die Vermittlung einfacher und lässt Raum für eigene innere Bilder.
Auf Grundlage eines Leitbildes lassen sich dann auch konkrete Ziele und Strategien bestimmen. Ziele sind von Visionen fundamental unterschieden. Sie sind bewusst definiert und beziehen sich auf einen angestrebten Endpunkt in einer bestimmten Zukunft. Sie können, anders als Visionen, auch außerhalb der Person stehen. Oftmals werden „Vision“, „Leitbild“, „Ziel“ und „Strategie“ synonym oder in einer beliebig bunten Mischung verwendet. Es ist jedoch hilfreich, sich die Unterschiede wirklich klar zu machen und zu schauen, was in welcher Form für das Unternehmen hilfreich ist. Mir gefällt dabei der Gedanke individueller Visionen, die an implizit oder explizit entstandene Leitbilder im Unternehmen anschließen.
Visionen kann man, wie gesagt, nicht verordnen. Das klappt weder im privaten noch im geschäftlichen Kontext. Man kann aber mit ihnen arbeiten. Und man kann sie mit Hilfe spezieller Techniken sogar gezielt auslösen. Wie das funktioniert, werde ich in meinem nächsten Blogbeitrag beschreiben. Bis dahin freue ich mich wie immer über Anregungen und Austausch.
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