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Die Freundlichkeitsfalle




 

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Wer zu nett ist, hat ein Problem. Das fängt schon im Sandkasten an, wo die Rabauken das Sagen haben und nicht die, die ihre Förmchen mit allen teilen. Im Job kann Freundlichkeit ein regelrechter Karrierekiller sein, zumindest wenn es um höhere Positionen im Management geht – und um Frauen. Diese These stammt von Romy Fröhlich, Kommunikationswissenschaftlerin an der Uni München. Es gibt zahlreiche Ansätze, die versuchen zu erklären, warum so wenige Frauen es in die Top-Positionen der Wirtschaft schaffen. Einige davon haben eine deutliche Relevanz: das Glass-Ceiling-Phänomen etwa oder die schlechte Vereinbarkeit von familiären Aufgaben und beruflichem Aufstieg. Einige „Erklärungen“ haben sich aber auch als völlig falsch erwiesen, z.B. die Annahme, dass nicht genug qualifizierte Frauen zur Verfügung stünden oder dass Frauen von sich aus nur selten Führungspositionen anstrebten.

Freundlichkeit als Karrierekiller

Die Münchener Professorin Fröhlich vertritt eine weitere Theorie: Es ist die „Freundlichkeitsfalle“, die Frauen in ihrer Karriereentwicklung behindert und die die vertikale Segregation des Arbeitsmarktes – je höher die Position, desto geringer der Frauenanteil – fortschreibt. Untersucht hat sie dieses Phänomen am Beispiel von Medienberufen. In diesem Bereich gibt es einen regelrechten Frauenboom. Das liegt vor allem daran, dass in den entsprechenden Berufen wie Journalismus und PR besondere kommunikative Fähigkeiten nachgefragt werden. Frauen haben hier einen (scheinbaren) Qualifikationsvorsprung, da ihnen vermeintlich „typisch weibliche“ Charakteristika zugeschrieben werden: kommunikative Begabung, Teamorientierung, kooperativer Umgang mit Menschen, Einfühlungsvermögen usw. Das macht Frauen für die Medienbranche interessant. Umgekehrt interessieren sich immer mehr Mädchen und Frauen für eine berufliche Tätigkeit in diesem Bereich, da eine Konformität mit den Geschlechtsrollenerwartungen besteht. Es erfolgt also eine geschlechtsspezifische Berufswahl. So weit, so einleuchtend. Der „Qualifikationsvorsprung“ erweist sich jedoch als Bumerang, sobald es um die Besetzung von Führungspositionen gibt. Trotz hohen Frauenanteils in der Branche sind die ranghohen Posten überwiegend mit Männern besetzt. Wie lässt sich das erklären? Fröhlich argumentiert, dass das grundsätzlich als positiv bewertete „weibliche“ Kommunikationsverhalten (empathisch, konsensorientiert, unterstützend, sozial sensibel, freundlich usw.) umcodiert wird, wenn es um das Thema Führung geht. Aus einer vermeintlich geschlechtsspezifischen Stärke wird nun eine vermeintlich geschlechtsspezifische Schwäche. Wer freundlich, fürsorglich und mitfühlend – mithin „weiblich“ – kommuniziert, zeigt keinen Führungswillen, keine Durchsetzungskraft, keine Konfliktfestigkeit.

„Weiblicher“ Führungsstil – positives Klischee mit negativer Wirkung

Das Gleiche lässt sich auch allgemeiner in der Diskussion um einen „weiblichen“ Führungsstil beobachten. Durch die Betonung (angeblicher) geschlechtsspezifischer Unterschiede im Führungsverhalten ist ein neues Stereotyp entstanden, das für Frauen fast ebenso karrierehemmend wirkt wie althergebrachte Vorstellungen vom Heimchen am Herd. Auch positiv gewandete Klischees – die mitarbeiterorientierte, zuhörende, sozial intelligente, kooperativ führende Chefin – bremst Frauen in ihrer Karriereentwicklung aus.

Dass die vermeintlichen Unterschiede im Verhalten der Geschlechter vor allem ein Wahrnehmungsphänomen sind (Doing Gender), habe ich an anderer Stelle dargelegt: Hat Führung ein Geschlecht? Ganz gleich, wie Menschen sich verhalten: alles wird durch eine zweigeschlechtliche Brille wahrgenommen. Wir erwarten von Frauen und Männern, dass sie sich unterschiedlich verhalten – und selbst, wenn sie es nicht tun, schreiben wir ihrem Verhalten unterschiedliche Bedeutungen zu. Wenn Frauen und Männer das Gleiche tun, ist es eben noch lange nicht Dasselbe. Welche Rolle Geschlechterstereotypen bei der Einschätzung von Führungswillen und Führungsstil spielen, hat vor drei Jahren eine Forschungsgruppe um die Professorin Isabell Welpe (TU München) gezeigt (ebenfalls nachzulesen im o.g. Blogartikel). Hierbei stellte sich u.a. heraus, dass weibliche Führungskräfte im Vergleich zu männlichen Kollegen besonders schlecht bewertet wurden, wenn es um Dominanz ging – und um Fröhlichkeit. Fröhliche Chefs sind bei MitarbeiterInnen beliebt, fröhlichen Chefinnen hingegen wird der Führungswille abgesprochen.

Stereotype durchkreuzen – einfach mal unfreundlich sein!

Ich denke, auch aus meiner persönlichen Erfahrung als Chefin heraus, dass es für Frauen in Führungspositionen besonders wichtig ist, über ein möglichst breites Verhaltensrepertoire zu verfügen. Verlegt man sich ausschließlich auf ein als „männlich“ wahrgenommenes Führungsverhalten, gilt man schnell als „schwierig“.  Zeigt man zu viel „weiblich“ codiertes Verhalten, wird man als weniger durchsetzungsstark wahrgenommen. Freundlichkeit wird gerade Frauen in Führungspositionen oft als Schwäche ausgelegt. Deshalb ist es ratsam, hin und wieder ein wenig Unfreundlichkeit zu kultivieren.

Also liebe Kolleginnen, erscheint in Zukunft doch einfach mal weniger nett. Und das hilft:

weniger lächeln mehr „Nein“ sagen
weniger kümmern mehr Stolz auf eigene Leistungen zeigen
weniger verständnisvoll sein mehr Dominanz zeigen
weniger Nähe herstellen und zulassen mehr Konflikte eingehen
weniger Verantwortung für eine gute Atmosphäre übernehmen mehr fordern und durchsetzen

Zum Weiterlesen:

Quelle Foto: @amplion – Fotolia.com

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