Troubleshooting im Workshop – schwierige Situationen gelassen überstehen
16. November 2017
Unangenehme Situationen in Workshops oder bei Vorträgen kennt eigentlich jeder. Die Palette reicht von gelangweilten Teilnehmern über Technikpannen und ergebnisloses Geschwafel bis zu notorischen Querulanten und offener Aggressivität. Selbst für professionelle Moderatoren sind manche dieser Störungen eine echte Herausforderung. Umso wichtiger ist es für alle diejenigen, die keine Moderatoren-Ausbildung durchlaufen haben und dennoch öfter Workshops organisieren und durchführen müssen (z.B. als Projekt- oder Teamleiter), sich mit wirksamen Gegenstrategien zu befassen.
Zuallererst sollte man sich klarmachen, dass Störungen und Konflikte in Workshops ganz normal sind. Wo immer Menschen zusammenkommen, um an gemeinsamen Fragestellungen zu arbeiten, treffen verschiedene Temperamente aufeinander, gibt es konfligierende Interessen und Ziele, werden (mehr oder weniger subtil) Macht- und Statusspiele ausgetragen. Als Moderatorin oder Moderator ist es Ihre Aufgabe, die TeilnehmerInnen erfolgreich durch den Workshop zu führen, d.h. dafür zu sorgen, dass in einer emotional positiven Atmosphäre brauchbarer fachlicher Output entsteht. Als Moderator/in haben Sie verschiedene Rollen, die Sie ausfüllen müssen. Sie sind
- Gastgeber/in: Sie kümmern sich um das Wohlergehen Ihrer „Gäste“, Sie sind gut vorbereitet, Sie schaffen eine einladende und entspannte Atmosphäre.
- Beziehungsmanager/in: Sie managen die Gruppendynamik, sorgen dafür, dass jede/r sich einbringen kann, intervenieren bei Konflikten oder destruktiven Beiträgen, haben stets die Stimmung im Blick und passende Werkzeuge zur „Klimaregulierung“ zur Hand.
- Autoritätsperson: Sie sind Chef/in im Ring, Sie bestimmen die Regeln, Regelverstöße werden von Ihnen geahndet.
- hilfreiche/r Unterstützer/in: Sie sind neutral in der Sache, Sie stellen Ihre methodische und didaktische Kompetenz ganz in den Dienst der TeilnehmerInnen, Sie erkennen die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen und stimmen Ihr Vorgehen darauf ab.
Diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist nicht immer leicht, zumal Sie zwischen den Rollen hin und her wechseln und oft auch zwei Rollen gleichzeitig ausfüllen müssen. Es hilft jedoch, sich darauf zu besinnen, diese Rollen zu haben, um bei Störungen zu entscheiden, welche Register man ziehen kann. Als Hausherr/in und Autoritätsperson kann ich z.B. im Ernstfall notorische Störer vor die Tür setzen. Als Beziehungsmanager/in kann ich Kleingruppen zusammenstellen, das Teambuilding fördern, zurückhaltende TeilnehmerInnen unterstützen usw.
Viele der gefürchteten schwierigen Situationen in Workshops lassen sich übrigens schon im Vorfeld vermeiden. Denn ziemlich ist oft ist man als Moderator/in selbst die Ursache für Störungen. Schlechtes Zeitmanagement, unpassende Methodenauswahl und mangelnde Neutralität sind die häufigsten Störquellen, gerade bei ModeratorInnen, die das nicht professionell machen.
Was Sie im Vorfeld tun können
(1) Machen Sie sich ein Bild von den TeilnehmerInnen. Führen Sie ggf. Vorgespräche oder holen Sie auf anderem Wege Informationen ein, z.B. durch eine schriftliche Vorab- Abfrage zum Thema.
(2) Wählen Sie die Methoden passend zu den inhaltlichen Anforderungen und zur Kultur des Teilnehmerkreises. In einem gewissen Umfang sind Irritationen erlaubt und sinnvoll, verzichten Sie jedoch auf Methoden oder Spiele, von denen Sie vermuten können, dass sie bei den TeilnehmerInnen auf Ablehnung stoßen, weil sie zu ausgeflippt, zu old-fashioned, zu langweilig, zu kompliziert etc. sind.
(3) Machen Sie einen gedanklichen Testlauf für Ihren Workshop. Überlegen Sie, wo ggf. Schwierigkeiten entstehen könnten und legen Sie sich einen Plan B dafür zurecht. Kalkulieren Sie den Zeitaufwand für die einzelnen Methoden und planen Sie immer, wirklich immer, einen Zeitpuffer ein. Zugleich sollten Sie auch stets noch optionale Inhalte in petto haben, falls es einmal schneller geht als erwartet.
(4) Seien Sie 20-30 min. vor Workshopbeginn vor Ort. So haben Sie Gelegenheit, sich mit der Technik vertraut zu machen und zu checken, ob das benötigte Equipment und Material vorhanden und funktionstüchtig ist. Außerdem machen Sie sich mit den Räumlichkeiten vertraut. Als „Gastgeber“ können Sie den eintreffenden TeilnehmerInnen dann den Weg zur Garderobe oder Teeküche weisen und jeden einzeln begrüßen. Auf diese Weise schaffen Sie gleich einen angenehmen Rahmen für die TeilnehmerInnen. Zugleich markieren Sie so aber auch Ihre Rolle als Hausherr/in und signalisieren: Ich habe die Zügel in der Hand, folgen Sie mir!
Welche Maßnahmen wann passen
Folgen Sie in Ihren Interventionen bei Störungen einem Stufenmodell. Es ist nicht klug, zu schnell zu scharf zu schießen. Sie wissen ja: Schlimmer geht immer. Und das sollte nicht nur für Störungen, sondern auch für Ihre Eskalationsmöglichkeiten gelten.
(1) Einige Störungen wie etwa Essen, Rascheln oder leises Tuscheln kann man zunächst einfach ignorieren. Meist legt sich das von selbst. Wenn dies nicht der Fall sein sollte und andere TeilnehmerInnen dadurch gestört werden, empfiehlt sich als nächster Schritt der freundliche Blickkontakt: „Leute, ich sehe das, lasst das mal sein!“ Lässt sich eine Störung auch dadurch nicht abstellen, folgt ein strenger Blick, unterstützt durch eine passende Geste („Handy aus“, „Klappe halten“).
(2) Bei stärkeren Störungen, wie z.B. dem Annehmen eines Anrufs während des Workshops oder dem unablässigen Checken von Mails und Kurznachrichten, ist hingegen eine direkte Ansprache notwendig. Bitten Sie die betreffende Person, das Handy auszuschalten. Am besten treffen Sie für die Benutzung von Handys, Tablets und Laptops zuvor eine entsprechende Vereinbarung mit den TeilnehmerInnen, auf die Sie dann rekurrieren.
(3) Sollten Sie eine Person in der Gruppe haben, die sich im Ton vergreift, destruktive Beiträge liefert oder gar andere TeilnehmerInnen oder Sie selbst beleidigt, stellen Sie diese Person in einem Einzelgespräch in einer Pause zur Rede – niemals in der Situation selbst. Finden Sie heraus, was die Ursache für dieses Verhalten ist. Oft stecken Ängste oder Geltungsbedürfnisse dahinter. Gibt es berechtigte Interessen, die möglicherweise im Workshop zu kurz gekommen sind, vereinbaren Sie eine gemeinsame Lösung. Fordern Sie in jedem Fall eine Verhaltensänderung (Wortwahl, Auftreten) ein und zeigen Sie mögliche Konsequenzen auf.
(4) TeilnehmerInnen, die offen destruktiv oder aggressiv auftreten, sind eine echte Bedrohung für die gemeinsame Arbeit. Wichtig ist, hier die Nerven zu bewahren und Gelassenheit zu demonstrieren. Vermeiden Sie es, diesen Personen eine Bühne zu bieten. Möglichkeiten zu reagieren sind etwa „Wie ist die Meinung der anderen zu diesem Thema?“ „Danke für den Enwurf, den ich jetzt mal unkommentiert stehen lassen möchte.“ Hilfreich ist auch, den Betreffenden auf die Sach- und Fachebene zu zwingen, wenn es passt: „Bitte versuchen Sie, Ihren Einwand positiv zu formulieren, so dass wir ihn als Lösungsvorschlag aufnehmen können!“
(5) Sollte das Einzelgespräch fruchtlos bleiben oder es in Ihrem Workshop gar zu offenen Protesten oder einem Kleinkrieg rivalisierender Gruppen kommen, müssen Sie den Workshop sofort unterbrechen. Richten Sie sich direkt an die Gruppe: „In dieser Form macht das hier keinen Sinn. Ich möchte Sie gern fragen, wie Sie sich den weiteren Ablauf vorstellen.“
(6) Bei einzelnen Störern, die sich aggressiv gegen andere wenden und die Fortsetzung des Workshops gefährden, bleibt Ihnen als letztes Mittel der Rauswurf. Auch wenn es unangenehm ist – das sollten Sie als Moderator/in können.
Was Sie bei mangelnder Beteiligung und Unaufmerksamkeit tun können
(1) Wenn Sie merken, dass Ihre TeilnehmerInnen nicht mehr richtig zuhören, abgelenkt sind oder der ganze Workshop ins Stocken gerät, ist es Zeit für einen Methodenwechsel. Machen Sie zunächst eine kurze Pause, sorgen Sie für Bewegung und streuen Sie dazu z.B. ein „Aufwach-Spiel“ wie Japanisch Knobeln oder das Zombie-Spiel (s.u.) ein. Empfehlenswert ist auch, in Kleingruppen weiter zu arbeiten.
(2) Diskussionen, die zu nichts führen, sollten Sie als ModeratorIn zügig beenden. Sammeln Sie die bisher erzielten Ergebnisse und halten Sie offene Fragen und Streitpunkte in einem Themenspeicher fest.
(3) Ausufernde Redebeiträge können Sie begrenzen, indem Sie die TeilnehmerInnen bitten, ihren Gedanken zusammenzufassen und auf einer Moderationskarte zu notieren. Setzen Sie alternativ stille Methoden ein
Störungen haben auch ihre guten Seiten
Last but not least ist es natürlich auch bei diesem Thema eine Frage der Einstellung, wie man Störungen oder schwierigen Situationen in Workshops begegnet. Man kann ja auch dankbar sein, z.B. dafür, dass
- man wieder etwas dazu gelernt hat.
- Konflikte offen zutage getreten sind, die schon lange unter der Decke geschmort haben.
- Probleme letztlich konstruktiv gelöst wurden.
- man seine Sammlung netter Anekdoten erweitern konnte („Mensch, weißt Du noch, mein Vortrag damals bei XY? Da war doch dieser Zwischenrufer, der rumgetrötet hat: „Sie gucken immer so nach links.“ Ein paar Mal. Ich weiß bis heute nicht, ob der gekauft war.). Und die Geschichte ist sogar wahr 😉
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