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Digitale Moderation für Nicht-Profis




 

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Für viele war es ein Sprung ins kalte Wasser. Mit einem Mal verließ die Arbeit das Büro und Arbeitstreffen wurden in den digitalen Raum verlagert. Für alle, die in ihrem Job Meetings und Workshops moderieren müssen, ohne dafür methodisch ausgebildet zu sein, stellte sich dies als besondere Herausforderung dar. Denn ganz gleich, ob man sie nun liebt oder hasst: Online-Meetings und digitale Workshops sind keine Selbstläufer, und was in der analogen Moderation funktioniert, lässt sich nicht unbedingt eins zu eins ins Digitale übertragen.

Virtuelle Formate haben ihre eigenen Tücken und stellen besondere Anforderungen an die Moderation. Das bedeutet nun aber nicht, dass man die Moderation fortan nur noch Profis überlassen kann (was im normalen Arbeitsalltag auch schwer umsetzbar ist). Wenn man ein paar Grundprinzipien beherzigt, erledigt die Übung irgendwann den Rest 🙂

Ich habe hier einige Tipps zusammengestellt, die bei der Moderation von Online-Meetings und  virtuellen Workshops hilfreich sind.

Etwas strenger, bitte!

Die erste und vielleicht sogar wichtigste Anforderung ist eine noch gründlichere Vorbereitung und eine stringentere Moderation als bei Präsenzveranstaltungen. Wirken Improvisationen in analogen Meetings häufig einigermaßen charmant, sind sie bei Videokonferenzen meistens nur nervig. Die Onlineformate erfordern von den Teilnehmenden mehr Konzentration und Aufmerksamkeit und sind dadurch ohnehin schon anstrengender. Deshalb sollte die Moderatorin oder der Moderator die Kommunikation stärker strukturieren und z.B. keine längeren Monologe zulassen. Das gilt übrigens auch für die Moderatorin bzw. den Moderator selbst.

Zudem ist es sinnvoll, den Kreis der Teilnehmer*innen möglichst klein zu halten. Man sollte sich im Vorfeld gut überlegen, in welcher Zusammensetzung die bestmögliche Arbeitsfähigkeit hergestellt werden kann. Ich mache lieber zusätzliche Meetings mit wechselnder Beteiligung als Arbeitssessions in zu großen Gruppen.

Kamera Ein!

Sofern es sich nicht um eine anonyme Großgruppenveranstaltung handelt, gilt: Gesicht zeigen. Leider hat sich auch bei Arbeitstreffen mit wenigen Kolleg*innen die Gewohnheit verbreitet, die Kamera auszuschalten. Im Grunde ist das so, als würden wir uns in analogen Meetings alle ein Pappschild vors Gesicht halten oder alle hinter unseren eigenen Paravents verschwinden. Dieses Verhalten reduziert die durch das Online-Format ohnehin schon eingeschränkten mimischen und gestischen Ausdrucksmöglichkeiten. Sorgen Sie als Moderator*in also dafür, dass die Kameras eingeschaltet werden.

Plauschen erlaubt!

Bei Online-Meetings geht es meistens gleich zur Sache. Nur selten entwickelt sich ein Gespräch über Alltägliches oder Privates am Rande. Viele Kolleg*innen im Homeoffice beklagen den fehlenden sozialen Austausch. Dabei ist es ganz einfach, hier zumindest ein wenig Abhilfe zu schaffen. Planen Sie am Beginn Ihrer Meetings oder Workshops  ca. 10-15 Minuten zum Plauschen ein – dann stören auch „Zuspätkommer“ oder technische Probleme weniger.

Zu zweit ist es leichter

Gerade, wenn man in der Online-Moderation noch nicht so geübt ist, kann es sehr hilfreich und entlastend sein, sich eine Co-Moderatorin oder einen Co-Moderator an die Seite zu holen. Diese Person kann sich dann z.B. vorrangig um technische Aspekte kümmern wie zum richtigen Zeitpunkt den Bildschirm teilen, Links zu Tools bereitstellen, Umfragen starten oder die Teilnehmer*innen in Kleingruppen für Breakout-Sessions aufteilen. So kann man sich selbst voll auf die Kommunikation und die gemeinsame Bearbeitung der inhaltlichen Fragestellungen konzentrieren.

Interaktion herstellen!

Eine der wichtigsten Aufgaben der Moderation ist es, die Kommunikation zwischen den Teilnehmer*innen herzustellen und diese aufrecht zu erhalten. Dies ist bei Online-Formaten schwieriger als bei Präsenzveranstaltungen. Während die Kolleg*innen sich bei analogen Treffen gegenseitig ansprechen, neigen viele bei digitalen Treffen dazu, immer nur den Moderator bzw. die Moderatorin anzusprechen. Hier hilft es, einzelne Personen gezielt einzubeziehen (Jens, was meinst Du dazu? Carolin, magst Du die Frage von Bernd beantworten? Es empfiehlt sich zudem, vor allem bei längeren Meetings, kleine Arbeitsgruppen zu bilden und diese auf verschiedene Breakout-Rooms zu verteilen.

Methoden und Tools mit Bedacht auswählen!

Grundsätzlich lassen sich viele bekannte Workshop-Methoden und Moderationswerkzeuge in den virtuellen Raum übertragen. Ich denke, die Herausforderung liegt eher darin, nicht zu viel des Guten zu machen. Online-Formate sind noch empfindlicher gegenüber einer Überfrachtung mit Übungen und Spielchen als herkömmliche Workshops.

Das Gleiche gilt für Tools. Als Moderator*in tut man natürlich immer gut daran, den eigenen Werkzeugkoffer beständig zu erweitern, und mittlerweile gibt es zahlreiche gute und hilfreiche Tools für die Online-Moderation. Hier eine kleine Auswahl:

  • Miro, Mural, Conceptboard (Whiteboardlösungen)
  • Mentimeter, Slido (Echtzeit-Umfragen)
  • Drawpile (OpenSource für gemeinsames Zeichnen und Skizzieren

Doch bei aller Begeisterung, die man vielleicht selbst für technische Werkzeuge hegt, sollte man bedenken, dass jedes Tool, das man in einem Meeting einführt, erklärt und mit den Teilnehmenden geübt werden muss. Das kostet Zeit, lenkt (zumindest vorübergehend) von den Inhalten ab und stellt Geduld, Frustrationstoleranz und Lernbereitschaft der beteiligten Kolleg*innen auf die Probe – und das keineswegs immer mit dem gewünschten Ergebnis.

Visualisieren – immer eine gute Idee!

Viele Verantwortliche nutzen die Funktion „Bildschirm teilen“ in Online-Meetings ausschließlich dazu, vorbereitete Präsentationen zu zeigen. Das kann durchaus mal Sinn machen. Viel besser ist es aber, den eigenen Bildschirm zu teilen, um für alle Teilnehmer*innen sichtbar die gemeinsame Arbeit zu visualisieren.

Die Aufmerksamkeit der Kolleginnen und Kollegen steigt und kann gehalten werden, wenn für alle sichtbar mitgeschrieben wird, was im Meeting passiert. Ich notiere Fragen, Ideen, Argumente, Kritikpunkte und natürlich Ergebnisse, Vereinbarungen und Action Points. Dies hat zugleich den Vorteil, dass nach dem Meeting oder dem Workshop niemand mehr sagen kann: „Das habe ich aber ganz anders verstanden“ oder „Meine Punkte wurden gar nicht berücksichtigt.“

Die Live-Dokumentation liefert ein umfassendes Protokoll, an dem alle Teilnehmer*innen mitgearbeitet haben. Und für Teammitglieder, die bei der Arbeitssitzung nicht dabei sein konnten, erschließen sich auf diese Weise nicht nur die definierten Ergebnisse und getroffenen Vereinbarungen, sondern auch der Weg dorthin und mögliche offene Fragestellungen.

Umgang mit Störungen

In virtuellen Meetings sind es vor allem technische Probleme, die den Ablauf stören können. Da funktioniert mal ein Link nicht, jemand fliegt aus der Videokonferenz raus oder kommt gar nicht erst rein, da läuft Musik im Hintergrund, das Mikro lässt sich nicht einschalten oder der Ton ist weg. Irgendwas ist eigentlich immer. Am besten ist es natürlich, solche Störungen im Vorfeld zu vermeiden, z.B. durch einen Technik-Check. Mit der Einladung zum Meeting verschickt man am besten gleich alle Infos zu den erforderlichen technischen Voraussetzungen und zu den verwendeten Tools. Dann können sich die Teilnehmer*innen z.B. noch für bestimmte Anwendungen registrieren, falls notwendig, und merken nicht erst im Meeting, dass sie gar nicht startklar sind. Gute Erfahrungen habe ich auch damit gemacht, den Konferenzraum schon 15 Minuten vor dem eigentlichen Beginn der Veranstaltung zu öffnen, um solche Probleme abzufangen.

Kommt es trotz vorherigen Technik-Checks zu Störungen, hat man als Moderator*in die Wahl: Entweder räumt man den Störungen absoluten Vorrang ein, d.h. man unterbricht die inhaltliche Arbeit so lange, bis alle Störungen behoben sind. Oder man hält den Fokus auf Kommunikation und Inhalt und handhabt die Störung flexibel und eher am Rande. Beide Vorgehen haben ihre Vor- und Nachteile. Ich tendiere eher dazu, technischen Probleme nicht zu viel Raum zu geben, sondern dafür zu sorgen, dass die Kommunikation weiter fließen kann. Andere Kolleg*innen empfehlen, konsequent auf jede technische Störung einzugehen, um z.B. niemanden zu benachteiligen, aber auch um den sozialen Druck auf den „Störer“ zu erhöhen (in der Hoffnung, dass die Störung der Person unangenehm ist).

Wie sehen Ihre Erfahrungen mit der Moderation von Online-Formaten aus? Haben Sie weitere Tipps oder Empfehlungen, die Sie weitergeben möchten? Dann freuen sich die Leserinnen und Leser über Ihren Kommentar. Und ich natürlich auch.

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