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Gute Fehler, schlechte Fehler – Intelligentes Lücken-Management




 

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Was machen Sie, wenn Sie in einem Gespräch etwas nicht wissen? Versuchen Sie Ihre Unkenntnis zu überspielen? Fragen Sie nach, auch wenn alle anderen wissend dreinschauen? Raten Sie? Oder flüchten Sie sich in Übersprungshandlungen? Den meisten Erwachsenen sind Wissenslücken unangenehm, vor allem im beruflichen Umfeld. Klar macht es im Vorstellungsgespräch oder in der informellen Runde mit Vorgesetzten keinen guten Eindruck, wenn man bei Insiderwissen oder bildungsbürgerlichem Allgemeingut passen muss. Viele tun dann so, als ob oder bringen ein anderes Thema auf. Dabei hat jede/r Lücken. Und die (leider vor einigen Jahren verstorbene) Managementberaterin Vera F. Birkenbihl würde noch hinzufügen: Jeder Mensch hat ein Recht auf seine Lücke.

Wir sind so sozialisiert, dass Wissenslücken als Fehler gelten. In Prüfungen werden sie negativ sanktioniert. Dabei ist es ganz egal, wie dicht wir mit unserer Antwort an der richtigen Lösung dran sind: Nicht gewusst ist nicht gewusst; Fehler ist Fehler. Doch so einfach ist das nicht. Wie Birkenbihl an einem Musik-Quiz demonstriert, können Fehler durchaus eine Qualität besitzen. Es gibt sozusagen „gute“ und „schlechte“ Fehler.

In ihrer Quizanordnung geht es darum, klassische Musikstücke zu erkennen und deren Komponisten zu nennen. Das ist sehr witzig, denn eines der von ihr selbst vorgespielten Stücke hat sie sich einfach ausgedacht und ein anderes ertönt gleich zweimal, und zwar mit seinem recht bekannten Anfang und mit seinem Ende, das kaum jemand kennt, da dieses Stück fast nie zu Ende gespielt wird. Das Resultat können Sie sich denken. Die unterschiedliche Fehler-Qualität verdeutlicht Birkenbihl an einem Musikstück, das man aufgrund seiner Verspieltheit und anderer Charakteristika für ein Werk von Mozart halten könnte. Es stammt aber von einem anderen Komponisten. Antwortet jemand nun „Mozart“, so ist diese Antwort objektiv falsch. Der Fehler bringt einen Punktabzug. Die Antwort offenbart zugleich aber auch, dass jemand in klassischer Musik zumindest so weit bewandert ist, dass er typische Merkmale der Kompositionen von Mozart zu erkennen vermag. Die Antwort „Rachmaninov“ ist ebenfalls falsch – der Fehler hat aber eine ganz andere Qualität, denn er bezeugt eine deutlich weitergehende Ahnungslosigkeit.

Diese Unterscheidung sollte uns ermutigen, unsere Wissenslücken – und die unserer Mitmenschen –  in einem anderen Licht zu betrachten. Vorschläge für ein intelligentes Lücken-Management liefert Birkenbihl dann auch gleich mit. Demnach besteht es aus drei Schritten:

  1. Entdramatiserung: Statt vor Scham im Boden zu versinken oder uns gedanklich selbst zu zerfleischen, weil wir etwas nicht wissen, was wir eigentlich wissen müssten, sollten wir ruhig bleiben. Emotionale Neutralität ist der Anfang der Gelassenheit, die wir brauchen, um der Fehlerfalle zu entgehen.
  2. Fehlerqualität feststellen: Hinterfragen wir die Qualität unserer Fehler! Was zeigen unsere falschen Antworten bzw. Vermutungen, was sagen sie über unser Wissen in einem bestimmten Bereich aus?
  3. Entscheiden, was wir wissen wollen: Man muss nicht alles wissen. Und man muss auch nicht alles wissen wollen. Wir sollten uns also immer die Frage stellen: Will oder muss ich das wissen? Lautet die Antwort „ja“, so muss ich schauen, wie ich mir dieses wissen am besten aneignen kann. Lautet die Antwort hingegen „nein“, dann kann ich das Thema für mich abschließen.

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