Der Sog des Projekts oder der Verlust der Möglichkeiten
21. Juni 2010
22:00 Uhr: „Eine E-mail geht noch, dann gehe ich nach Hause. Dafür werde ich morgen erst um 6:00 Uhr anfangen zu arbeiten“. So oder so ähnlich habe ich schon oft die Situation in meinen Projekten erlebt. Das Projekt ist sehr spannend, gerade jetzt (wie in den Wochen zuvor auch!) ist ein entscheidender Moment gekommen, alles für das Projekt zu geben. Der Vorstand wartet auf meine Präsentation, die Projektmitglieder organisieren besonders wichtige Termine zu „Tagesrandzeiten“, Meetings und Workshops geben sich die Türklinke in die Hand. Freie Minuten werden für Stakeholdergespräche, Telkos oder Webkonferenzen genutzt.
Diese Beschreibung aus dem Tagebuch eines Projektleiters ist „normal“ im Projektalltag. Abgesehen von körperlichen, psychischen und lebensverkürzenden Folgen, leiden vor allem die eigenen Möglichkeiten, Ziele und damit Ergebnisse zu erreichen. Als Projektleiter lebe ich davon, neue Möglichkeiten zu entwickeln, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Dazu ist es aus meiner Sicht notwendig, sich Gelegenheiten außerhalb des Projekts zu schaffen, sich neues Wissen anzueignen, neue Menschen (außerhalb des Projektkontextes) kennenzulernen um dann neugierig neue Perspektiven zu erkunden. Albert Einstein sagte: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“
Deshalb ist auch in Projekten – wie immer im Leben – das richtige Maß gefragt. Es wird in Projekten immer Situationen geben, die eine lange Anwesenheit und einen außergewöhnlichen Einsatz erforderlich machen – aber eben nicht ständig und permanent über einen längeren Zeitraum hinweg. Jeder Projektmanager sollte darauf achten, sich regelmäßig auch in anderen Kontexten zu bewegen und die eigenen Ressourcen zu pflegen.
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