Was macht eigentlich die Konkurrenz? Konkurrenzanalyse für Einsteiger
3. August 2018
Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig selbst große und gestandene Unternehmen über ihre Konkurrenten wissen (wollen). Manche Industriebetriebe entwickeln jahrelang neue Maschinen vor sich hin, um kurz vor der Marktreife festzustellen, dass der direkte Wettbewerber ein ganz ähnliches Produkt im Portfolio hat, nur um einiges smarter. Und so mancher Marktführer musste schon seinen Platz räumen, weil er das disruptive Potenzial eines winzigen Start-ups übersehen hatte. Jedes Unternehmen, egal ob groß oder klein, etabliert oder neu gegründet, sollte die Konkurrenz im Auge behalten. Und das nicht nur, weil diese bekanntlich nicht schläft, sondern weil es dabei immer etwas Nützliches zu lernen gibt, man Alleinstellungsmerkmale des eigenen Angebots herausarbeitenund mögliche Kooperationspartner identifizierenkann. Auch langfristige strategische Entscheidungen, z.B. bezogen auf Investitionen in bestimmte Bereiche, erfordern eine Kenntnis des Wettbewerbsumfeldes.
Konkurrenzanalysen (als spezieller Teil von Wettbewerbsanalysen) können dabei mit ganz unterschiedlichem Aufwand betrieben werden. Es gibt Marketingabteilungen, die regelmäßige detaillierte Reports liefern und dafür Daten aus verschiedenen Quellen nutzen: Verbandsstatistiken, Branchenreports, Verbraucher- und Handels-Panels, Expertenbefragungen, Kundenbewertungen, Konjunkturberichte, Prognosen, Daten aus der Bedarfs- und Nutzerforschung usw. Oftmals kommen hierbei unterstützende Software-Tools zum Einsatz, mit denen die Daten automatisch gesammelt, aggregiert und ausgewertet werden können.
Ein solches Vorgehen ist aber gar nicht immer nötig. Es kann sogar kontraproduktiv sein, nämlich dann, wenn die Informationsfülle oder der Bürokratisierungsgrad so hoch ist, dass das Papier in der Schublade verschwindet und keine konkreten Maßnahmen nach sich zieht. Wichtiger als umfängliche, aufwendige Analysen ist die Fokussierung auf das Wesentliche. Letztlich (in ganz abgespeckter Form) geht es darum, einen Überblick über die wichtigsten Konkurrenten mit den ihnen eigenen Stärken und Schwächen zu erhalten – und daraus Schlüsse für die eigene Positionierung zu ziehen. Und so sieht ein mögliches Vorgehen für Einsteiger in Sachen Konkurrenzanalyse aus:
1. Identifizieren Sie die 5 wichtigsten direkten Wettbewerber
Es ist nicht nötig, das komplette Feld der Unternehmen mit einem ähnlichen Angebot vollständig auszuleuchten. Natürlich sollte man schon wissen, welche Player am Markt aktiv sind. Viel wichtiger ist aber zu schauen, welche davon für das eigene Unternehmen als Konkurrenten überhaupt relevant sind. Diese Relevanz leitet sich aus Kriterien ab, die man individuell genau festlegen muss.Für die Priorisierung können z.B. die räumliche Nähe oder die Unternehmensgröße eine Rolle spielen. Am Ende sollten nicht mehr als fünf relevante Konkurrenzunternehmen übrigbleiben, mit denen man sich intensiver befasst.
2. Identifizieren Sie indirekte Wettbewerber
Immer öfter kommt heute die Konkurrenz aus einer Ecke, in der man sie gar nicht vermutet hätte. In immer kürzerer Abfolge erobern neue Geschäftsmodelle Marktanteile und dies oftmals sogar über Branchengrenzen hinweg.Ein Beispiel dafür ist etwa der Trend zum „Smart Home“. Es ist noch gar nicht lange her, da waren Beleuchtungsspezialisten, Hersteller von Kühlgeräten und Anbieter von Videoanlagen Unternehmen, die sich nicht als Konkurrenten in die Quere kamen. Heute ist mit der „Heimvernetzung“ ein neuer Sektor entstanden, in dem sich die Wettbewerbsstruktur deutlich verschoben hat. Gleiches gilt für die Automobilbranche, die sich nun auch der Konkurrenz solcher Unternehmen wie Google oder Apple stellen muss. Insofern lohnt es sich, über den Tellerrand zu schauen und auch solche Unternehmen regelmäßig zu beobachten, die als neue Konkurrenten den Markt aufmischen könnten.
3. Legen Sie fest, welche Informationen über die Konkurrenz für Sie relevant sind
Daten wahllos oder um ihrer selbst zu sammeln, macht wenig Sinn. Daher sollte am Beginn einer jeden Konkurrenzanalyse die Frage stehen „Was will ich wissen – und wozu?“. Welche Informationen dies sind, können letztlich nur Sie entscheiden. Üblicherweise schaut man auf Größen wie
- Qualität des Angebots
- Preisstruktur und Preispolitik
- Service
- Vertriebskanäle
- Positionierung am Markt
- Marketingkommunikation
- Produktionsmethoden
- Innovationsfähigkeit
- Flexibilität
- Zuverlässigkeit
- Lieferfähigkeit
- Auslastung
- Profitabilität
- Mitarbeiterstruktur
- Mitarbeiterfluktuation
- Kundenstruktur
- Strategie der Marktbearbeitung
- usw.
Auch hier gilt es zu reduzieren und die wichtigsten Aspekte herauszugreifen. Der Wert liegt nicht in der Fülle der Daten, sondern in ihrer Relevanz. Sind die relevanten Faktoren identifiziert, müssen die entsprechenden Daten dazu recherchiert und aufbereitet werden. Anhand der gesammelten Informationen wird nun eine Stärken-Schwächen-Aufstellung der einzelnen Wettbewerber erarbeitet.
4. Visualisieren Sie die Stärken und Schwächen Ihrer wichtigsten Wettbewerber
Die Stärken-Schwächen-Aufstellung ist das Herzstück jeder Konkurrenzanalyse. Hier gilt es genau hinzuschauen – kein Unternehmen hat nur starke oder nur schwache Seiten. Versuchen Sie, immer beide Seiten auszuleuchten.Bei der Aufbereitung der Ergebnisse kommen Übersichten zum Einsatz, die Sie nach Bedarf und Belieben gestalten können. Ich persönlich mag Übersichten, die auf einen Blick alle wichtigen Informationen liefern und gern großformatig, farbig und mit Symbolen und Bildern bestückt sein dürfen, wie man dies z.B. vom Mind-Mapping kennt. Ebenso gut gehen aber auch Excel-Tabellen oder andere Formate, die frei oder toolgestützt sein können. Gut ist es, wenn man alle als wichtig identifizierten Wettbewerber in einen übersichtlichen Vergleich bringen kann.
5. Bringen Sie Ihr Unternehmen in einen direkten Vergleich mit der Konkurrenz
Zuletzt vergleichen Sie nun Ihr Unternehmen direkt mit Ihren wichtigsten Konkurrenten. Dies setzt natürlich voraus, dass Sie sich der Stärken und Schwächen Ihrer eigenen Firma bewusst sind. Idealerweise habe Sie Ihr Unternehmen der gleichen Stärken-Schwächen-Analyse unterzogen, die Sie für Ihre Wettbewerber gemacht haben. Nun können Sie sehen, wo Sie sich verbessern müssen, welche Wettbewerbsvorteile Sie stärker ausspielen können, wie gefährlich Ihnen ein Konkurrent werden kann, wo Sie vielleicht kooperieren können oder wo es sich lohnt, neue Wege einzuschlagen.
Wenn Sie weitere Tipps zum Thema Konkurrenzanalyse haben oder Ihre Erfahrungen teilen möchten, freut sich die Leserschaft sicher über einen Kommentar.
Zum Weiterlesen:
- Die 5 Wettbewerbskräfte nach Porter
- Wettbewerb in Zeiten smarter Produkte – die wichtigsten Veränderungen
- Was ist eine SWOT-Analyse?
- Disruptive Technologien, Teil 2: Wie reagieren Unternehmen auf den digitalen Wandel?
Copyright Foto: Setzwein IT-Management GmbH
| Keine Kommentare