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Projektmanagement – auch im Alltag nützlich?!




 

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Ich habe einen Bekannten, der im Job sehr erfolgreich ist. Er hat eine leitende Funktion in einem großen deutschen Unternehmen inne und ist dort immer bestens organisiert. Im Privaten sieht es dagegen ganz anders aus. Ich bin immer sehr erstaunt darüber, wie wenig mein Bekannter die Dinge des alltäglichen Lebens im Griff hat. Im Alltag zeigt er sich plötzlich ziemlich unstrukturiert und chaotisch. Dabei bräuchte er doch eigentlich nur ein paar Grundzüge des Projektmanagements zu berücksichtigen – letztlich lassen sich doch viele Herausforderungen des Alltags als kleine Projekte bearbeiten.

Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen, das den meisten geläufig sein dürfte: die Ausrichtung eines Kindergeburtstags. Diese Alltagsangelegenheit ist als Projekt zu werten, weil die folgenden Merkmale (nach DIN 69901) erfüllt sind:

  • Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit: Jeder Geburtstag ist einmalig, insbesondere für Kinder. Er wird jedes Jahr anders begangen, z.B. Besuch im Klettergarten oder Schwimmbad, Picknick auf dem Abenteuerspielplatz, klassischer Kindergeburtstag zu Hause, Übernachtungsgeburtstag mit Videonacht

 

  • Zielvorgabe: Ziel der Geburtstagsfeier ist, ein Erlebnis herzustellen, welches das Geburtstagskind und seine Gäste erfreut und glücklich macht.

 

  • Zeitliche, personelle und finanzielle Begrenzung: Der Geburtstagstermin bzw. das Datum, an dem gefeiert werden soll, steht fest und lässt sich nur mit hohem Aufwand verschieben. Das Projektteam ist festgelegt; die eingebundenen Ressourcen stehen dem Projekt meist nur mit einem bestimmten Prozentsatz ihrer Kapazitäten zur Verfügung.  Das Budget ist limitiert, Überschreitungen müssen verhandelt werden.

 

  • Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben: Planung, Durchführung und Ergebnis der Geburtstagsfeier sind in sich geschlossen.

 

  • Projektspezifische Organisation: Der spezifische Rahmen wird durch den Wunsch des Geburtstagskindes bestimmt: zu Hause oder extern, Fahrdienstorganisation, Picknick oder Essen vor Ort usw.

 

Wie im professionellen Projektmanagement sind auch beim privaten Kindergeburtstag spezielle Rahmenbedingungen und Anspruchsgruppen zu beachten. So übernehmen die Eltern des Geburtstagskindes meist die Rolle der Kapitalgeber, das Geburtstagskind und seine Gäste sind in der Kundenrolle und als Mitarbeiter fungieren alle, die bei der Organisation und Durchführung eingespannt werden: Oma, Onkel, Nachbarn, Eltern der Gäste. Als Lieferanten werden Unternehmen wie z.B. Hochseilgarten, (Indoor-)Spielplatz, Schwimmbad oder Catering einbezogen. Alle Stakeholder müssen entsprechend geführt und koordiniert werden. Spezifische, außerhalb des Projektes liegende Rahmenbedingungen sind beim Kindergeburtstag z.B. durch das Jugendschutzgesetz oder Hausordnungen der Veranstalter vorgegeben.

Wie sieht nun aber das Management dieses Alltagsprojektes aus?

Es fängt mit der simplen Frage an das Kind an: Was willst du denn an deinem Geburtstag machen? (Anforderungsanalyse). Nach dem Notieren der Optionen muss eine Entscheidung gefällt werden, meist nach Priorisierung durch den Kunden (Kind) und/oder Abchecken der Durchführbarkeit durch die Projektleitung (meist die Mutter). Change-Requests während der Durchführung gestalten sich schwierig, können aber in einem gewissen Umfang zugelassen werden.

Die Organisation anhand von To-Do-Listen (mit oder ohne ABC-Priorisierung) hat sich in meiner Praxis bestens bewährt, die Kommunikation erfolgt fernmündlich und per E-Mail. Dies alles sollte mit einigem zeitlichen Vorlauf vor Veranstaltungstermin erfolgen, damit das Gewünschte und die Gäste nicht schon ausgebucht sind.

Wenn die Rahmenbedingungen festgelegt sind, muss in Zusammenarbeit mit dem Kunden/Kind über die knappe Ressource „Plätze für Gäste“ entschieden und die Einladungen gebastelt/geschrieben werden. Rückmeldungen werden in einer Liste notiert. Die Delegation der Aufgaben (Kuchen backen, Aufsicht, Fahrdienst, etc.) erfolgt nach Schließung der Gästeliste zeitnah vor dem Termin durch die Projektleitung.

Wenn alles berücksichtigt wurde, sollte einer erfolgreichen Durchführung nun nichts mehr im Wege stehen. Oder etwa doch?

Dann setzt das Krisenmanagement ein, z.B.

  • wenn ein Gast nicht rechtzeitig zur Abfahrt erscheint, so dass der Termin beim Lieferanten nicht eingehalten werden kann (ein Anruf klärt das meistens)
  • das Auto am Mittag streikt (liebe Schwester, kann ich heute Nachmittag mal dein Auto leihen?)
  • unterwegs einem Kind schlecht wird oder es sich leicht verletzt (Notfalltasche dabei?)
  • oder im schlimmsten Fall die Buchung beim Anbieter untergegangen ist (SuperGAU)

Als Alltags(projekt)managerin habe ich meistens einen Plan B in der Tasche – und ausreichend Intuition und Gelassenheit, um dem Unplanbaren zu begegnen. Die Zerlegung von Alltagsanforderungen in kleine Projekte und der Einsatz einiger Methoden aus dem Projektmanagement hat sich in meinem täglichen Handeln jedenfalls bestens bewährt. Welche Erfahrungen haben Sie?

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Quelle Foto: © Ruth Black – Fotolia.com

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