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Reden ist Silber, Schweigen ist Mord: Kommunikation im Team




 

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Die Existenz sogenannter „Totenbüros“ war mir unbekannt – bis ein Kollege mir von drei Ingenieuren erzählte, die in einem großen Unternehmen seit Jahren ein Büro miteinander teilten, ohne dass je ein Mensch einen Laut aus diesem Raum vernommen hätte. Wann immer jemand in diesen Raum musste, um etwas zu holen oder zu fragen, stets herrschte Totenstille, von knappen Antworten an den Störer mal abgesehen. So ging das acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche, tagein und tagaus und das, obwohl die drei Kollegen eifrig an gemeinsamen Aufgaben arbeiteten. Es war nichts weiter zu hören als geschäftiges Mausklicken und das Klappern der Tastaturen. Schnell machte unter MitarbeiterInnen und Externen die Geschichte vom „Totenbüro“ die Runde. Und wenn sie nicht gestorben (oder gegangen) sind, schweigen sie vermutlich noch heute.

Auch wenn das Totenbüro im Hamburger Süden ein Extrembeispiel sein mag: Jede und jeder kennt die Tücken der Kommunikation im Team. Oft wird zu wenig geredet, in manchen Fällen aber auch zu viel. Oder das Falsche. Es gibt Missverständnisse und fehlende Transparenz, unklare Aufgabenverteilungen und mangelnde Abstimmung, fehlende Präzision, Gerüchte, zwischenmenschliche Probleme, endlose Diskussionen und Personen, die sich im Ton vergreifen. Gelingende Kommunikation ist immer eine Herausforderung. Um dieser Herausforderung zu begegnen, gibt es kein Patentrezept. Es gibt aber ein paar Grundregeln, die die Kommunikation im Team erleichtern. Manches davon mag auf den ersten Blick vielleicht banal erscheinen. Wer sich jedoch die Mühe macht, sein eigenes Kommunikationsverhalten über zwei, drei Tage einmal ganz genau zu beobachten, wird (mit hoher Wahrscheinlichkeit) feststellen, dass auch so „banale“ Dinge wie „Zuhören“ oder „Zeit nehmen“ keineswegs selbstverständlich sind – nicht einmal bei sich selbst. Hier nun einige Grundregeln gelingender Kommunikation im Team:

(1) Persönlich interagieren

E-Mails sind böse, zumindest wenn es um die Kommunikation im Team geht. Im Totenbüro hat es funktioniert, über seine Grenzen hinaus nicht, und eine ausufernde E-Mail-Kommunikation ist das reinste Gift für jedes Projekt und jedes Unternehmen. E-Mails führen oft zu Missverständnissen und Missstimmungen, weil so manche Formulierung „in den falschen Hals“ gerät. Im direkten Gespräch kann man so etwas viel besser vermeiden oder klären, wenn sich z.B. jemand auf den Schlips getreten fühlt. E-Mail-Konversationen mit möglichst großem Verteiler, vielen Teilnehmern und unübersichtlichen Antwortketten sind sehr, sehr häufig ein Indikator für eine gestörte Vertrauenskultur. Vertrauen entsteht nur durch die direkte, persönliche Interaktion. Deshalb sollte sie immer das erste Mittel der Wahl sein. Collaboration Tools mit Chatfunktionen u.ä. sind super und können die Projektarbeit gut unterstützen. Sie ersetzen aber nie den persönlichen Kontakt von Angesicht zu Angesicht. Und auch einmalige „Team-Events“ haben meist keine anhaltende Wirkung. Wer also gerade dabei ist, schnell noch eine E-Mail zu tippen, sollte kurz innehalten sich überlegen, ob er oder sie nicht genauso gut zum Telefon greifen oder besser noch den Adressaten direkt ansprechen kann. Je öfter das klappt, desto besser für das gegenseitige Verständnis.

(2) Zeit nehmen

Absprachen, die eilig zwischen Tür und Angel getroffen werden, mögen zunächst einmal schnell gehen. Die Nachfragen, die daraus resultieren, oder die in der Folge unvollständig bzw. falsch erledigten Aufgaben fressen die gewonnene Zeit aber locker wieder auf. Das Gleiche gilt für die neuen Kommunikations-Technologien und Collaboration Tools. Diese haben uns in der Projektarbeit zwar deutlich effizienter gemacht. Zugleich ist jedoch die Effektivität gesunken. Das, was an Zeit gewonnen wird, geht an Qualität in den zwischenmenschlichen Beziehungen verloren. Und wer würde bestreiten, dass ebendiese Qualität die Grundlage für die Leistungsfähigkeit eines Teams ist? Die Reduzierung persönlicher Interaktion führt dazu, dass Vertrauen zwischen den Teammitgliedern nur schwer entsteht. Und wenn KollegInnen einander nicht vertrauen, sinkt schnell das eigene Verantwortungsgefühl. Jeder arbeitet dann einzeln vor sich hin und in der Folge fällt die Leistungsbereitschaft des gesamten Teams ab. Zeitmangel ist ein Dauerbrenner (nicht nur) im Projektgeschäft. Doch oft ist es einfach eine Frage der Prioritäten und auch der eigenen Bequemlichkeit oder Gewohnheit, die uns davon abhält, uns für Gespräche die nötige Zeit zu nehmen. Auch hier ist jede und jeder dazu angehalten, das eigene Verhalten zu beobachten und zu reflektieren: Habe ich wirklich keine Zeit, diese Sache jetzt oder später persönlich zu besprechen – oder ist es mir bloß lästig?

(3) Aktiv zuhören

Ohne die Fähigkeit des guten Zuhörens können Botschaften nicht übermittelt werden. Im Grunde kennen die meisten Wissensarbeiter das Prinzip des „aktiven Zuhörens“ auch. Doch seien wir ehrlich: Wie oft verhalten wir uns im Arbeitsalltag danach? Aktives Zuhören beinhaltet eine unvoreingenommene, positive Grundhaltung dem Gesprächspartner gegenüber. Man versucht, sich in den anderen hinein zu versetzen, seine Perspektive zu verstehen, ohne gleich zu werten und die eigene Meinung kund zu tun. Man lässt den anderen aussprechen, hält freundlichen Blickkontakt, ist geduldig und gibt gelegentlich kurze Bestätigungslaute (ah, mhm) von sich. Ein wichtiger Punkt ist das gezielte Nachfragen. Viele Missverständnisse kommen zustande, weil nicht genau genug zugehört oder nicht genau genug formuliert wird. Wenn es um Abstimmungen geht, ist es immer sinnvoll, die zentralen Punkte noch einmal explizit zusammenzufassen und mit dem Verständnis des Gegenübers abzugleichen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn man sich immer mal wieder auf diese „Technik“ besinnen und auch die TeamkollegInnen daran erinnern würde.

(4) Zwischen den Zeilen lesen

Letztlich gilt: Es zählt, was beim Gesprächspartner ankommt – nicht was man selbst gemeint hat. Jede Botschaft hat vier Seiten: die Sachebene, die Selbstoffenbarung, die Beziehungsebene und den Appell. Auf der Sachebene geht es um den eigentlichen Gegenstand der Kommunikation. Das sind Daten, Fakte, Sachverhalte, Informationen. Zugleich geben wir mit jeder Botschaft auch etwas von uns selbst preis. Diese „Selbstoffenbarung“ kann z.B. Gefühle, Absichten oder Bedürfnisse umfassen und ist meist verdeckt. Die Beziehungsebene äußert sich oft in nonverbalen Signalen wie Mimik und Gestik oder durch gewissen „Untertöne“ in der Kommunikation. In jedem Gespräch schwingt die Beziehungsebene mit und mit jeder Botschaft übermitteln wir unserem Gegenüber, wie wir zu ihm stehen und was wir von ihm halten. Es lohnt sich, insbesondere eine Sensibilität für diese Ebene zu entwickeln, denn hier zeigen sich früh Missstimmungen, Konkurrenzen und Konflikte und umgekehrt kann man durch gezielte Interventionen auf dieser Ebene die Atmosphäre positiv beeinflussen. Der Appell umfasst schließlich das, wozu wir unseren Gesprächspartner veranlassen wollen, ohne das direkt auszusprechen. Statt also etwa zu sagen „Mach bitte das Fenster zu!“ wird gesagt „Ist ganz schön frisch hier im Büro, oder?“ Wenn man das Gefühl hat, dass bei der Kommunikation im Team irgendetwas schiefläuft, vor allem, wenn es immer wieder Missverständnisse gibt, sollte man einmal einen Blick auf die verschiedenen Ebenen werfen und zwischen den Zeilen lesen.

(5) Absprachen schriftlich festhalten

Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, wichtige Absprachen und Abstimmungen schriftlich zu fixieren. Hier das richtige Maß zu finden, ist allerdings nicht ganz einfach. Die schriftliche Dokumentation kann zu einer unerwünschten Bürokratisierung führen (oder zumindest zu dem Gefühl einer Bürokratisierung) und auch dazu, dass Dinge, die nicht festgehalten wurden, einfach nicht gemacht oder nicht beachtet werden. Auch die Form der Dokumentation (Ablage, Verteiler, digital oder haptisch usw.) kann zu Konflikten führen. Es sollte daher im Team besprochen und entschieden werden, wie das Thema gehandhabt werden soll. In iterativen Verbesserungsschritten findet man dann zum passenden Procedere.

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