Artikel versenden

Sind Präsenzformate noch zu retten? Mit Hologrammen in die Zukunft!




 

// / / /

Seit fast zwei Jahren finden Besprechungen und Seminare, Kongresse und Fortbildungen überwiegend am Bildschirm statt. Was zuvor als unvorstellbar galt, z.B. große Projekte komplett remote zu leiten oder  Kunden-Events digital zu gestalten, ist in vielen Bereichen normal geworden. Unternehmen und Beschäftigte haben sich mittlerweile so sehr an Online-Formate gewöhnt, dass es gute Gründe braucht, um bei einem Business-Vortrag oder einer Tagung physisch anwesend zu sein. Warum das Home-Office verlassen, um ein Seminar zu besuchen? Wozu Führungskräfte auf Reisen schicken und damit Kosten und Ausfallzeiten in Kauf nehmen, wo doch die Wissensvermittlung online so wunderbar funktioniert?

Speaker-Branche am Scheidepunkt

Die Pandemie wird der Event- und Tagungsbranche im Business-Bereich am Ende nicht nur kurzfristige Einbußen beschert haben. Denn während die Menschen in ihrer Freizeit nach Konzerten, Festen und Festivals nur so lechzen, haben sie sich in ihrer virtuellen Arbeitswelt gut eingerichtet. Es wird daher im Gegensatz zu Freizeitveranstaltungen vermutlich kaum einen riesigen Nachholbedarf an Präsenzvorträgen und noch weniger ein Zurück der Branche in vor-pandemische Zeiten geben. Und das wäre auch wünschenswert, denn einen echten Innovationsschub hat es in Sachen Vortragstechnik und Präsentation lange nicht gegeben, zuletzt wohl mit der Einführung von PowerPoint. (Und das ist locker 25 Jahre her.)

Holo-Speaking als Ticket in die Zukunft

Die German Speakers Association als Berufsverband der professionellen deutschsprachigen Rednerinnen und Redner ist sich des Problems offenbar bewusst. Im November diesen Jahres verlieh sie den Innovation Award an Siegfried Haider, der mit der Produktion von Hologrammen den Markt zukunftsfähig machen will. Von der Overhead-Folie zu PowerPoint zu Holo-Speaking – das ist spannend.

Haider und seine Agentur arbeiten seit etwas mehr als einem halben Jahr mit einem Kreis ausgewählter Top-Speaker an Holo-Vorträgen; fünf Produktionen sind bereits fertiggestellt. Die Technik macht vieles möglich, so können sich die Rednerinnen und Redner auf der Bühne etwa als 3D-Avatare vervielfachen, mit dreidimensionalen Objekten hantieren und mit dem Publikum in multimediale Inszenierungen eintauchen.

Der Einsatz von Holographie und 3D-Technik bringt Präsenzveranstaltungen auf ein höheres Niveau und könnte künftig auch Online- und Hybrid-Events bereichern. Positive Effekte sind:

  • bessere Visualisierung
  • 3-D-Wahrnehmung entspricht stärker der gewohnten menschlichen Sehweise
  • gehringerechteres Lernen
  • Wow-Effekt entfacht Begeisterung und aktiviert Motivation
  • Verbesserung der Merkfähigkeit
  • geringere Ermüdung des Publikums
  • Speaker können an verschiedenen Orten gleichzeitig „live“ auftreten (z.B. bei weltweit verstreuten Standorten eines Unternehmens)

 Hoher Aufwand – hohe Kosten

Wo Licht ist, ist bekanntermaßen auch Schatten, und im Fall von Holo-Produktionen liegt dieser vor allem im technischen Aufwand und den damit verbundenen Kosten. Eine Basisproduktion mit einem 45-minütigen Vortrag und maximal zehn holografischen 3D-Objekten schlägt derzeit mit ca. 7.000-10.000 Euro zu Buche. Story-Board und Konzept sind hierbei zwar inbegriffen, doch für etwas raffiniertere Designs und die Realisierung eines Avatars (der eigenen oder einer anderen Person) muss man zusätzlich in die Tasche greifen.

Hinzu kommen noch die Kosten für die Technik vor Ort. Benötigt wird neben einer speziellen Holo-Leinwand ein besonders leistungsstarker Beamer, mit dem die Videofiles abgespielt werden können. Alles in allem kann man bei der Buchung eines Holo-Vortrags mit einer Investition von 12.000-15.000 Euro rechnen.

Doch selbst die teuerste Technik garantiert noch keine gelungene Veranstaltung. Nicht nur die technische Produktion ist anspruchsvoll, auch die Anforderungen an die Speaker selbst steigen durch den Einsatz von Hologrammen. Es muss für jeden Vortrag eine eigene Dramaturgie und exakte Choreografie erarbeitet werden. Dazu braucht man u.a. zahlreiche Stellproben, damit ein Speaker z.B. seinen 3D-Objekten nicht im Weg steht. Rednerinnen und Redner müssen überdies lernen, wie sie sinnvoll mit den Hologrammen interagieren und wie sie sich wirkungsvoll im Raum bewegen können. Das erfordert deutlich mehr schauspielerisches Können als ein gewöhnlicher Business-Vortrag.

Ich bin gespannt, wie schnell sich das Holo-Speaking auf Konferenzen und Firmenevents ausbreiten und durchsetzen wird, und wie sich die Branche der Präsenzveranstaltungen im Businessbereich insgesamt weiterentwickelt. Sind Präsenzformate noch zu retten?  Was denken Sie? Anregungen und Kommentare sind höchst willkommen.

Auch interessant:

 Copyright Foto: Setzwein IT-Management GmbH

Literaturhinweis: Folkersma, Petra (2021): Hologramme lassen staunen, in: Tagen (Sonderpublikation zu Wirtschaft und Weiterbildung), Nov. 2021, S. 12-17

| Keine Kommentare

 
Top | Impressum | Datenschutz